Alte Sitte Eidring

Was gesagt werden muß - Beschneidung von nicht religionsmündigen Jungen

Das Landgericht Köln hat am 7.5.2012 entschieden, daß die Beschneidung eines vierjährigen Jungen aus religiösen Gründen strafbar war; Meldung der Tagesschau [tagesschau.de/inland/beschneidung100.html]. Hier das Urteil als PDF-Dokument: [adam1cor.files.wordpress.com/2012/06/151-ns-169-11-beschneidung.pdf]. Wie stehen Asatru dazu, was gibt es zu sagen?

Grundsätzlich gibt es im germanischen Heidentum keine Riten (oder religiös motivierte medizinische Eingriffe) an minderjährigen oder nicht religionsmündigen Kindern, die eine Veränderung bewirken, die das Kind erst im späteren Leben in Gänze nachvollziehen kann. Das heißt zum Beispiel, daß es keine Taufe gibt, durch die das Kind Teil einer religiösen Gemeinschaft wird. Es gibt stattdessen die Kindesweihe, ein Aufnahmeritual des Neugeborenen in die Familie. Dahinter steht die Auffassung eines selbstverantwortlichen Lebens: die Eltern, die gesamte Sippe, schützen die Kinder, geben ihnen durch die Erziehung die Fähigkeit, vollwertiges, mitdenkendes und eigenverantwortliches Mitglied der Gesellschaft zu werden.
Im Asatru gibt es keine Rituale, die zu irreparablen Schäden des Körpers (oder der Seele) eines Kindes führen. Wir respektieren das Alter der Religionsmündigkeit (14 Jahre in Deutschland). Das Wohl des Kindes steht im Zentrum der Erziehungsbemühungen. Kinder nehmen an Gruppenritualen teil, sie dürfen opfern, wenn sie es möchten, ansonsten haben sie teil am Heil der Gruppe, das durch die Opferhandlung als Bund mit den Göttern entsteht.
Aus Asatru-Sicht ist die Beschneidung "aus religiösen Gründen" vor Erreichen des 14. Lebensjahres abzulehnen. Es ist richtig, daß der Staat hier eingreift und die Unversehrtheit der Kinder höher stellt als den Wunsch der Eltern, durch den Eingriff Konformität mit den eigenen religiösen Vorstellungen herzustellen. Der in den Diskussionen immer wieder zu lesende Hinweis, die Kinder müßten nach Erreichen der Religionsmündigkeit selbst entscheiden dürfen, ob sie sich beschneiden lassen wollen, ist absolut richtig.

Nachtrag Gilbhard 2012: Das geplante Beschneidungsgesetz, das vermutlich noch 2012 kommen wird, ist in keiner Weise eine Lösung. Gerade in den ersten sechs Lebensmonaten dürfen Nicht-Ärzte beschneiden. Und das ohne vernünftige Betäubung. Studien (wie im Interview mit dem Staatsrechtler Merkel erwähnt) zeigen, daß die aufgetragene Betäubungscreme völlig unzureichend ist. Die Lösung wäre nur eine Vollnarkose, die jedoch gerade in diesen ersten Lebensmonaten viel zu risikoreich ist, wenn sie "nur" zu solch einem Zweck gemacht wird. Fakt bleibt: es gibt nur eine vernünftige Lösung: die Beschneidung von unter 14Jährigen komplett verbieten, wenn sie nur aus religiösen Motiven durchgeführt werden soll. Siehe auch die Einschätzung des Kinderarztes Hartmann als "Tabubruch", man kann auch sagen: es ist ein Einknicken der Bundesregierung gegenüber einflußreichen Religionsgemeinschaften. Interessant auch der Hinweis von Reinhard Merkel, daß die Beschneidungszahlen im Ausland rückläufig sind. Aber Deutschland braucht natürlich ein Gesetz, wonach das alles "OK" ist ...

Disclaimer: In letzter Konsequenz ist dies meine persönliche Meinung als Autor. Dennoch bin ich bemüht, allgemeine Einstellungen einer vermuteten Mehrheit von Asatru auszudrücken.

 

 

Seiteninfo: 1.Autor: Stilkam | 2.Autor: ING | Weitere Autoren: - | Stand: 20.03.2020 | Urheberrecht beachten!