Alte Sitte ("Asatru") - Kurzeinführung
Um der besseren Lesbarkeit willen habe ich in diesem Text auf Links verzichtet. Alle angesprochenen Themen sind auf Asentr.eu enthalten.
Modernes germanisches Heidentum, Alte Sitte oder auch Asatru ("Asentreue") genannt, ist der Versuch, die religiösen Vorstellungen der vorchristlichen Germanen so genau wie möglich nach Quellenlage wiederzubeleben - als eine moderne Religion für die heutige Zeit (auch mit den Beschränkungen, die aus den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen resultieren).
Der Hinweis auf die Germanen impliziert, daß es sich um spezifische religiöse Traditionen dieser mittel- und nordeuropäischen Stämme handelt - germanische Religion gehört zu den Germanen, samische Religion zu den Samen usw. Wir sprechen auch von ethnischer Religion und erkennen an, daß jedes Volk der Erde seine eigenen religiösen Traditionen hat. Asatru ist der germanische Mosaikstein und keine Universalreligion; es findet keinerlei Missionierung statt. Die Mitgliedschaft in einer modernen Asatrugruppe wird nicht an eine bestimmte ethnische Herkunft der Person gebunden (wenn dem so ist, hat man es u.U. mit einer rassistischen Gruppierung zu tun).
Asatru ist eine nach alten Quellen erneuerte Religion. Wir haben sprachliche und außersprachliche Quellen, die wir studieren, um herauszufinden, wie unsere vorchristlichen Ahnen ihre Religion lebten. Das rekonstruieren wir, nicht ohne heute unmögliches auszulassen und neues, zeitgemäßes einzufügen. Wir achten darauf, daß die Balance zwischen Modernität und starrer Rekonstruktion erhalten bleibt. Grundsätzlich beruht der Versuch der Rekontruktion auf der Prämisse, daß menschliches Denken und Handeln zu jeder Zeit bestimmte Konstanten aufweist, die es ermöglichen, vorsichtige Rückschlüsse von heute z.B. auf die Menschen der Völkerwanderungszeit zu machen.
Asatru ist eine Kultreligion, keine Buchreligion. Es gab weder einen Gründer noch ist die Edda, die u.a. die mythologischen Geschichten enthält, ein "heiliges Buch". Jeder Mensch macht seine eigenen Gotteserfahrungen und das religiöse Bezugssystem "germanisches Heidentum" erlaubt uns eine Rückkoppelung der Erfahrungen. Asatru verfügt über keine ordinierten Priester oder gar eine Priesterkaste; wir glauben, daß jeder befähigt sein sollte, Rituale zu leiten.
Asatru ist keine Naturreligion, in dem Sinne, daß die Natur oder Teile davon kultisch verehrt werden. Allerdings sehen wir unseren Ursprung in der Natur, sehen den Urgrund der Dinge in ihr. An bestimmten Orten kann sich z.B. ein besonderes Gefühl von Heiligkeit einstellen, ohne daß der Platz als solcher deshalb verehrt würde. Wir sehen nichts als "übernatürlich" an, alles ist eingebunden in das große, zeitlich-räumliche Geflecht, das wir Wyrd nennen und das auch als Schicksal gesehen wird. Mythologisch stammen wir Menschen von den Göttern ab, sind von ihnen mit Leben und Geist erfüllt worden und somit nicht nur spirituell mit ihnen verwandt. Die Gottheiten sind als der Natur immanent zu erfahren, aber auch als eigenständige Wesenheiten; sie sind in uns und um uns.
Asatru ist eine polytheistische Religion. Wir haben viele verschiedene Gottheiten, männliche wie weibliche, die sich grob in zwei Familien teilen (die Asen [Odin, Frigg, Thor, Baldur ...] und die Vanen [Njörd, Freyr, Freya ...]). Es gibt eine Vielzahl weiterer Wesenheiten (Riesen, Zwerge, Landwichte ...), denen wenig oder keine kultische Bedeutung zukommt.
Asatru ist eine Ahnenreligion. Der Fortbestand der Sippen ist uns heilig, weil sich in ihnen vor langer Zeit unsere Götter manifestierten. Generation um Generation geht durch das Rad des Lebens, von der Geburt bis zum Tod: Neue Sippenmitglieder nehmen die Plätze der verstorbenen ein, ein ewiger Fluß. Vom Tod sprechen wir als einer natürlichen Form des Übergangs innerhalb eines Kreislaufs, wir kennen keine jenseitigen "Strafplätze", da auch die Seele als ganzes nicht als unsterblich aufgefaßt wird. Vielmehr gehen wir von verschiedenen Aufenthaltsorten der Toten und der Möglichkeit eines wie auch immer gearteten Weiterexistierens aus. Grundsätzlich lebt der Verstorbene in seinen Kindern weiter.
Asatru ist eine Religion freier Menschen, die nach einer dem nordischen Heidentum entlehnten Ethik leben. Die Götter geben uns keine Gebote oder Verbote auf, stattdessen regeln die Menschen diese Dinge unter sich. Die wichtigste Einheit ist die Sippe (Familie), der unsere vorrangige Solidarität gilt. Das ist aus der historischen Zeit heraus zu verstehen, dort war jenseits der Sippengrenzen jeder erst einmal ein möglicher Feind, mit dem man sich durch Abkommen absichern mußte. Die Ehre spielt eine große Rolle, die Unverletzlichkeit von Körper und Geist. Generell wird eine disziplinierte, selbstbewußte, eigenverantwortliche Lebensweise propagiert.
Der Kern von Asatru sind die gemeinschaftlichen Opferrituale - in ihnen treten wir mit unseren Göttern in Kontakt. Die Welt lebt von Austauschverhältnissen und so glauben wir, daß ein Opfer an die Götter diese auch zu einer positiven Reaktion motiviert. Wir mehren unser Wohlergehen, das Heil, auch dadurch, daß wir von dem (weg-)geben, was wir besitzen. Das in historischer Zeit übliche Tieropfer ist heute in der Regel einem Trank- oder Speiseopfer gewichen. Gefeiert wird üblicherweise zu den vier großen Festen im Jahreskreis: Jul (Wintersonnenwende), Ostara (Frühjahrstagundnachtgleiche), Mittsommer (Sommersonnenwende) und Herbstfest (Herbsttagundnachtgleiche). Jul wird eher im familiären Rahmen gefeiert. Für Feste im Lebenskreis des Individuums (Kindesweihe (Taufe), Jugendweihe, Hochzeit, Tod) gibt es spezielle Rituale. Daneben gibt es private Formen des Gebets oder der Anrufung der Götter.
Asatru ist eine positive, aufstrebende Religion. Immer mehr Menschen engagieren sich in Vereinen, deren Ziel die Weideraufnahme der Alten Sitte, wie Asatru auch genannt wird, ist. Für Deutschland seien hier speziell der Verein für Germanisches Heidentum und der Eldaring genannt. Es sei auch erwähnt, daß diese beiden Vereine einen klaren Standpunkt gegen den Mißbrauch unserer Religion durch Rassisten (bzw. Extremisten jeglicher Couleur) vertreten.
Asatru ist kein Spiel - auch wenn sich unter dem Begriff mittlerweile World-of-Warcraft-Gilden
sowie ein "virtuelles Land" Irkanien mit Staatsreligion Asatru finden lassen. Leider tragen
solche Auswüchse nicht dazu bei, das reale Asatru in der Öffentlichkeit zu verankern.
Als äußerliches Zeichen tragen viele Asatru-Anhänger einen Thorshammer um den Hals
(auch wenn dieser mittlerweile zu Modeschmuck geworden ist).
Die Beschäftigung mit den Runen (german. Schriftzeichen) oder auch Seidhr (german. Magie) ist kein
zwingender Bestandteil der Religionsausübung.
Seiteninfo: 1.Autor: Stilkam | 2.Autor: ING | Weitere Autoren: - | Stand: 20.03.2020 | Urheberrecht beachten!