Matronentempel vom Beller Berg
"Eine jede der drei Frauen sitzt für sich allein und scheint ganz in sich selbst versunken zu sein -
und doch ist die Dreiheit eine Einheit, eine göttliche Einheit. Denn einst erfuhren die drei Frauen als Matronen-Göttinnen in
unserem Land große Verehrung. Sie halfen all denen, die mit ihren Sorgen und Nöten zu ihnen kamen und
segneten das Land, das ihrer Obhut anvertraut war."
[Lange]
Aus der Literatur
Nördlich der Stadt Mayen befinden sich die Orte
Ettringen und Kottenheim.
Zwischen beiden liegt der "Beller Berg" bzw. Bellberg mit einer Höhe von 427,5m.
Auf der Vulkanpark-Seite heißt es:
"Der Ettringer Bellerberg und der Kottenheimer Büden bilden die westliche und östliche Flanke des großen
Bellerberg-Vulkans. Auf dem Gipfel des Ettringer Bellerberges erleben Sie einen grandiosen Ausblick auf die Vulkane der Osteifel –
an der Kraterflanke des Kottenheimer Büden einen detaillierten Einblick in die Enstehungsgeschichte des Vulkans.
Die idyllische Grubenlandschaft bei Kottenheim ermöglicht einen Blick in den mächtigsten der drei Lavaströme
des Bellerberg-Vulkans. Menschen nutzen die dortige Basaltlava seit vorchristlicher Zeit."
[vulkanpark.com/vulkanpark-stationen/ettringer-bellerbergkottenheimer-bueden]
Hier der Verweis zur kmz-Datei, die den Gipfel des Beller Berges in Google Earth anzeigt: bellberg.kmz.
An diesem Beller Berg wurde ein kleiner gallo-römischer Umgangstempel gefunden und 1923 vom Mayener Geschichts- und Altertumsverein (nach Cüppers) ausgegraben, wovon und in den Bonner Jahrbüchern 133 von 1928 berichten. Man fand demnach im Jahr zuvor (ohne konkrete Ortsangabe im Text) eine Cella von 4 x 4,5m mit einem Umgang von "1,85m im Lichten". Die Öffnung der Cella ging nach Südosten. Als erwähnenswerte Einzelfunde nennen die Autoren:
Ein "roher Altar" aus Basaltlava, der unter dem Estrich des Umgangs gefunden wurde, mit der Aufschrift:
M(atronis?) DO(mesticis?)
CASSIV
S I (für F) ORT(is)
V SAM
Die Epigraphik-Datenbank Clauss / Slaby (EDCS) gibt die Inschrift so an:
M(atribus?) Do(mesticis) / Cassiu/s Fort(is?) / v(otum) s(olvit) l(ibens) m(erito). Bei einer Recherche
[oracle-vm.ku-eichstaett.de:8888/epigr/epigraphik_de] nach
"Kottenheim" findet man im übrigen nicht nur die Inschriften, sondern auch Fotos der Gegenstände, die die
Inschriften zeigen.
Ein mit "Säulchen" verzierter Basaltlavaaltar mit der Aufschrift:
D(eabus?) D(omesticis?)
APIIRIONV(s)
(Nische zwischen 2. und 3. Zeile)
ATTICVS
In der Epigraphik-Datenbank als "D(eabus?) D(omesticis?) / Arertonus / Atticus"
Hier hat wohl ein aus Athen stammender Mann in der Osteifel einen Weihestein gesetzt. Interessant ist,
daß auf dem Matronenstein von Andernach, geschätzt auf 89 - 96 u.Z., auch ein
Schiffsführer aus dem hellenistischen Kulturkreis erwähnt wird. [de.wikipedia.org/wiki/Antunnacum#Rheinflotte]
Weiterhin Reste eines viereckigen "Postamentes" (Basaltlava) mit Standspuren einer Aedicula (mit Fragzeichen
von den Autoren angegeben). Inschriftreste: ... DOBI ... | .. SIMVS VSLM.
"VSLM" steht gewöhnlich als Abkürzung für votum solvit libens laetus merito, was bedeutet:
"Er hat das Gelübde gern, freudig und nach Gebühr (in anderer Übersetzung: nach Verdienst der Gottheit) eingelöst."
Damit ist gemeint, daß vorab gelobt wurde, einen Weihestein zu stiften, wenn etwas positives, um das man gebeten hatte, eintritt.
Sehr interessant ist der Fund einer überlebensgroßen Hand mit Fruchtkorb, also vermutlich ein Fragment eines überlebensgroßen Standbildes.
Die gefundenen Münzen reichen von Augustus (63 v.d.Z. - 14 u.Z.) bis Theodosius - das wäre, wenn hier
Theodosius I. / der Große gemeint ist, der Zeitraum 347 - 395 u.Z.
Das ist ein langer Zeitraum, der auf eine recht frühe Nutzung des Heiligtums deutet, die bis ans Ende des vierten
Jahrhunderts dauerte und evtl. mit der Konstantinischen Wende [de.wikipedia.org/wiki/Konstantinische_Wende]
zu Ende ging, als das Christentum 380 u.Z. Staatsreligion im römischen Reich wurde. Der Beller Berg lag in
einem linksrheinischen, fruchtbaren und dicht besiedelten, früh romanisierten Gebiet, nahe des Kastells
Antunnacum (Andernach) und unweit der römischen Heeresstraße, die sich von Mainz nach Norden bis Köln
erstreckte. Es handelt sich also nicht um "Hinterland", in dem man die Aufrechterhaltung heidnischer Bräuche
auch nach der Christianisierung vermuten kann. Vielleicht führte das zum Ende des Heiligtums.
Cüppers erwähnt den "Tempel am Beller Berg" kurz in dem ausführlichen Werk
Die Römer in Rheinland-Pfalz. Im wesentlichen gibt er die obigen Angaben wieder.
Interessant ist eine Grafik, die den Basaltabbau verschiedener geschichtlicher Epochen darstellt. Der Ettringer Bell-Berg (wie
er dort geschrieben wird) sowie der Mayener Bell-Berg liegen im vorgeschichtlichen Bereich, was wohl bedeutet, daß
es in der Nähe des Tempels keinen Abbau in römischer Zeit gegeben hat. Die römischen Abbaugebiete
liegen östlich bei Kottenheim und südlich im Norden des heutigen Mayen.
Eine einfache Skizze des Tempelbereichs zeigt die Cella mit Umgangsmauer (Grabung 1923) und südlich davon
eine Art Mauer (?) mit der Jahreszahl 1928.
Der Autor gibt an, daß die Fundstücke im Eifelmuseum Mayen sowie im Rheinischen Landesmuseum Bonn
aufbewahrt werden. Eine kurze Mailkorrespondenz mit dem Museumsleiter
ergab, daß seiner Kenntnis nach alle Funde im Eifelmuseum auf der Genovevaburg seien - keine in Bonn.
Nun kommt noch die Autorin Kultplatzbuch ins Spiel. Sie bezieht sich auf einen
Fundbericht "in altdeutscher Schrift" von 1927, wonach eine Ausgrabung im April / Mai 1927 stattgefunden habe.
Zum Handfragment mit Korb gibt sie an, daß der Korb "Früchte, Äpfel und Nüsse" enthalte.
Vermutlich mit Bezug auf die frühen Münzen gibt sie aus dem Fundbericht wieder, daß das Heiligtum
bereits im letzten vorchristlichen Jahrhundert bestanden habe. Das wäre im Vergleich zu den anderen
Matronenheiligtümern sehr früh.
Graichen weist darauf hin, daß vom Tempel nichts mehr zu sehen sei. Gleichwohl gibt sie eine Zugangsbeschreibung
zu einem "alten Basaltabbaugebiet", das sich die Natur zurückerobert habe. Es seien alte Abbaumaschinen
zu sehen, die von Pflanzen überwuchert würden.
Folgt man der Beschreibung, dann müßte sich das Abbaugebiet nördlich und östlich dieser Markierung
(Google-Earth, bellmat.kmz) befinden, also am südlichen Ausläufer des Beller Berges - bzw.
hier auch als Google-Kartenausschnitt:
Interessanterweise wurde der Tempel also nicht in Gipfelnähe erbaut, sondern im Bereich des südlichen Ausläufer des Beller Berges. In Nettersheim und Pesch beispielsweise stehen die Heiligtümer auf der höchsten Erhebung - das hat man in Ettringen vermieden. Offenbar wollte man jedoch einen Bezug zur Himmelsrichtung Süden: der Tempel auf dem Südausläufer mit der Cella-Öffnung nach Südosten.
Einer der beliebten Wanderwege der Traumpfade, der Vulkanpfad
[traumpfade.info/traumpfade-rhein-mosel-eifel/eifel-wandern/vulkanpfad.html],
führt über den Gipfel des Beller Berges, so daß man nach Südwesten einen Einblick "von oben" in das
alte Abbaugebiet hat.
Viel mehr läßt sich über dieses kleine, aber alte und vermutlich lange in Benutzung befindliche Heiligtum
nicht herausfinden.
Die Fundstücke
Hier werden Fotos der Fundstücke eingebaut, wenn ich im Museum war.
Vorab kann man die Gegenstände mit den Inschriften in der o.e. Epigraphik-Datenbank Clauss / Slaby (EDCS) sehen.
Der Beller Berg und die Umgebung
1) östlich Richtung Andernach, Neuwieder Becken. Der kleine Berg rechts der Bildmitte ist der Plaidter Hümmerich, dahinter ist - winzig klein - die Spitze des Kühlturms des AKW Mülheim-Kärlich zu sehen. Im Vordergrund schaut man quasi in den ehemaligen Vulkankessel hinein.
2) östlich / südöstlich in Richtung Kottenheim. Gut zu sehen wie Büden (links) und Beller Berg (rechts) auslaufen - die ehemaligen Ränder des Vulkans
3) südlich auf das Städtchen Mayen - im Vordergrund der Bereich, wo der Matronentempel gefunden wurde
4) nordwestlich auf das Örtchen Ettringen sowie den Berg Hochsimmer im Hintergrund
Seiteninfo: 1.Autor: Stilkam | 2.Autor: ING | Weitere Autoren: - | Stand: 20.03.2020 | Urheberrecht beachten!