Stallarring - Eidring - Altarring
Inhalt
EinleitungAbgrenzung
Stallahring – Altarring
Hinweise in Eddas und Sagas
Götter
Bedeutung für die Alte Sitte
Blogreferenzen
Quellen und Verweise
Einleitung
Die sogenannten Schwur- oder Eidringe sind offene Metallringe, die häufig gewundene oder gewölbte Enden aufweisen und in Grab- und Depotfunden der Bronze- und Eisenzeit vorkommen. Archäologisch steht der Name Eidring für eine bestimmte Gattung großer Gold-, Silber- oder Bronzeringe. Ihr Hauptfundgebiet erstreckt sich über den norddeutschen Raum bis nach Skandinavien. Mehrere dieser Ringe, die bis in die nordische Bronzezeit zurückreichen, wurden bei Kultstätten gefunden, weshalb ein kultischer Zusammenhang angenommen wird (Tempelausstattung). Die Verwendung als profaner Körperschmuck kann jedenfalls aufgrund ihrer Größe und des Gewichts ausgeschlossen werden. Ihr häufiges Auftreten in Hortfunden könnte teilweise als Sicherungsniederlegung interpretiert werden, um sie so vor fremdem Zugriff zu schützen.
Die Bezeichnung als Eidring geht auf die frühe vorgeschichtliche Forschung zurück, in welcher die Darstellungen aus den alten nordischen Sagen herangezogen wurden (Thomsen führte den Begriff 1836 in die prähistorische Archäologie ein). Tatsächlich liegt aber zwischen den bronzezeitlichen Ringen und dem späteren Gebrauch der Ringe in der Sagazeit ein Zeitraum von etwa 1700 Jahren. Von daher ist es wichtig, die Gattungen und zeitlichen Zuordnungen auseinanderzuhalten, weil „Eidring“ als gebräuchliche Bezeichnung in verschiedenen Zusammenhängen verwendet wird.
Weiterhin sind bekannt:
- Wendelring [de.wikipedia.org/wiki/Wendelring]
- Ösenhalsring [de.wikipedia.org/wiki/Ösenhalsring]
- Torques [de.wikipedia.org/wiki/Torques_(Archäologie)]
Bemerkenswerte Funde
Zu den bemerkenswerten Funden gehört der reich verzierte silberne Kessel von Gundestrup aus der La-Tène-Zeit [de.wikipedia.org/wiki/Kessel_von_Gundestrup]. Neben der Darstellung von Götterbildern und Ritualen trägt ein als Cernunnos identifizierter Gott - „der Gehörnte“ – auf einer Innenplatte des Kessels einen Torques um den Hals und einen weiteren Ring in der erhobenen rechten Hand (Bild links).
Kessel von Gundestrup | Goldhörner von Gallehus |
Eine ähnliche Abbildung finden wir auf den Goldhörnern von Gallehus (Bild rechts) [de.wikipedia.org/wiki/Goldhörner_von_Gallehus]. Ein kultischer und ebenfalls mit Hörnern geschmückter Speertänzer hält demonstrativ einen großen Ring in der Hand.
Eine besondere Stellung nimmt auch der goldene Ring von Pietroassa mit seiner Runeninschrift ein [de.wikipedia.org/wiki/Ring_von_Pietroassa]. Leider ist die Deutung der Wörter gutaniowihailag nicht einwandfrei klar, wobei man sich einig ist, daß sich der Anfang auf den Volksnamen der Goten bezieht und der Schlußteil das Wort „heilig, geheiligt“ bedeutet. Möglicherweise könnte das vorausgehende wih „geweiht, Weihestück, Heiligtum“ bedeuten.
Weiterhin liefert der wikingerzeitliche norwegische Hortfund von Hon in Buskerud (nach 860 n.u.Z. vergraben) interessante Interpretationen. De Vries geht davon aus, daß die immerhin 2,5 kg Gold und Silber als Tempelschatz anzusprechen sind, wobei einem Ring von 26 cm Durchmesser besondere Bedeutung zukommt, da er von seiner Größe her nur für ein Götterbild (Idol, Kultbild) zu passen scheint.
Abgrenzung
Ringe spielten ja generell eine große Rolle bei den Altvorderen. Ringe konnten verschiedene Funktionen haben und als Würdezeichen, Schmuck, Herrschaftszeichen, militärische Auszeichnung usw. getragen werden. Hier soll ausschließlich der sakrale Kontext beleuchtet werden.
Stallarring – Altarring
Stallar (oder Stalli), das ist im Altnordischen der heidnische Altar. Schon um 900 beschrieb ein Skalde einen schwedischen König als vörðr vé-stalls, Hüter des Altars im Heiligtum. Auf dem Stallar befand sich unter anderem der stalla-hring, wie es in einigen Sagas heißt; der Altarring, Schwurring oder Tempelring genannt. Speziell im kultisch-religiösen Kontext steht der Altarring sinnbildlich für die persönliche Verbundenheit zu den Göttern. Er wurde in alter Zeit an der heiligen Stätte verwahrt. Der Schwörende berührt den geheiligten Gegenstand, um sich mit der Gottheit in Verbindung zu setzen. Häufig stand diese Handlung auch in Verbindung mit einem Rechtsakt auf dem Thing, wie es in unterschiedlichen Sagas erwähnt wird. Der Eid wurde vor den Göttern und der Gemeinschaft abgelegt. Die Opferstätte wurde geradezu Bund- oder Schwurstätte genannt und zur „Verstärkung“ der Eidesanrufung die Götterstatur berührt.
Da ein Eid durch das Schwören geleistet wurde und sich dieses Wort auf germ. *swarja, *swaran „Rede stehen, reden, aussagen, sprechen“ zurückführen läßt, wird vermutet, ob es sich womöglich im Ursprung um ein halbsingendes Hersagen mythischer Formeln gehandelt hat. Erst später könnte dann das Berühren von Gegenständen dazugekommen sein. (RGA Band 6, S. 540)
Hinweise in Eddas und Sagas
Im Älteren Atlilied (an. Atlakviða) wirft Guðrun ihrem Gatten Atli vor, daß er gegenüber Gunnar (ihrem Bruder) Eide at hringi ullar, also beim Ring Ulls geschworen habe (Kapitel 30). In der Saga von den Söhnen der Droplaug (Droplaugarsona saga), einer Isländersaga, schwört Sveinung einen eið at stallahring, also einen Eid auf den Altarring. Nach der Saga von den Leuten auf Eyr (Eyrbyggja saga), ebenfalls eine Isländersaga, lag auf dem Stallar im Thorsnestempel ein schwerer Ring, auf den alle Eide zu schwören waren:
Innar af hofinu var hús í þá líking sem nú er sönghús í kirkjum, ok stóð þar stalli á miðju gólfinu sem altari, ok lá þar á hringr einn mótlauss, tvítögeyringr, ok skyldi þar at sverja eiða alIa. Þann hring skyldi hofgoði hafa á hendi sér til allra mannfunda.
Weiter drinnen im Tempel war ein Raum, der dem Chor in den heutigen Kirchen ähnelte, und dort stand in der Mitte auf dem Boden ein Gestell ähnlich einem Altar, und da lag offen ein Ring, zwanzig Öre schwer, auf den mussten alle ihre Eide schwören. Diesen Ring trug der Tempelgode bei allen Versammlungen am Arm.
Eyrbyggja saga, Kapitel 4
In Kapitel 16 der gleichen Saga geht’s weiter mit Arnkell:
Arnkell goði gekk at dómi ok vann eið at stallahring
Der Gode Arnkell trat vor das Gericht und legte auf den Altarring aus dem Tempel den Eid ab.
Eyrbyggja saga, Kapitel 16
Ebenfalls interessant ist ein in der Landnámabók zitierter Rind-Eid, in dem die Götter als Zeugen angerufen werden:
Ek vinn eið at baugi, lögeið, hjálpi mér svá Freyr ok Njörðr ok hinn almáttki áss.
Ich schwöre einen Eid, einen rechtskräftigen Eid, es helfen mir Freyr und Njördr und der allmächtige Ase.
Landnámabók
Auch die Víga-Glúms saga berichtet von einem Eid, den Glúmr im heidnischen Tempel leistet bzw. auf den Ring schwört:
[…] ok segi ek þat Æsi […]
[…] und dies sage ich dem Asen […]
Víga-Glúms saga, Kapitel 25
Es bleibt leider offen, wer konkret unter ‚dem Asen‘ zu verstehen ist.
Eine allgemein gehaltene Eidesformel kennt auch die Grágás [Graugans ist ein altisländisches Rechtsbuch,
[de.wikipedia.org/wiki/Grágás], in der es heißt:
Segi ek þat guði, at hann mun halda lögum sem sá maðr er vel heldr, ok hann vill þá vera í lögum með öðrum mönnum. Þeim sé goð gramt er því nítir nema fé sínu bæti.
Sage ich der Gottheit, daß er die Gesetze halten wird wie einer, der es wohl hält und daß er nun unter den Gesetzen stehen will mit den anderen, dem zürne das göttliche Wesen, der dies weigert, er büße denn mit seinem Gut.
Grágás
Götter
Odin
Daß Ringe generell auch für die Götter eine große Rolle spielen, läßt sich nicht nur an Odins Ring Draupnir erkennen, sondern darüber hinaus auch an seinem Ringeid, den er laut den Hávamál geschworen hat:
Den Ringeid, sagt man, hat Odin geschworen:
Wer traut noch seiner Treue?
Den Suttung beraubt er mit Ränken des Mets
Und ließ sich Gunnlöd grämen.
Simrock, Hávamál 110
Im Zusammenhang mit seinem Draupnir wird Odin auch als „größter Ringspender“ gesehen. Es war gängige Sitte, daß ein König Ringe an seine Gefolgsleute vergab, um sich ihre Treue zu sichern. Also Ring und Gefolgschaft stehen von ihrer Symbolik her nah beisammen.
Ullr
Weiter oben wurde schon erwähnt, daß im Älteren Atlilied (an. Atlakviða) ein heiliger Eid auf seinen Ring at hringi ullar, also beim Ring Ulls geschworen wurde. Unter seinen göttlichen Attributen (Bogen, Schild, Skier, Schneeschuh) scheint der Ring überhaupt eine bedeutende Stelle einzunehmen. De Vries ist sogar der Auffassung, daß in Ulls Ring nichts anderes als der heilige Altarring zu sehen ist. Beides, also Ring und Eid, lassen jedenfalls auch eine ordnende und das Recht schützende Seite erkennen.
Bedeutung für die Alte Sitte
Ich sehe fünf wesentliche Punkte in diesem Zusammenhang:
- Symbol einer sakralen Bindung
- Bindung an eine höhere Instanz
- Austausch-Verhältnis
- Identifikationsfunktion
- Zugehörigkeit, Gefolgschaft
Zuerst muss man unterscheiden zwischen einem großen Ring, den man auf einen Stallar legt und im Blót verwendet (Stallaring), und einem kleinen Ring, den man als Anhänger bzw. Amulett an einem Lederband trägt (ähnlich einem Thorshammer).
Der Stallarring, den ich im Rahmen eines Blóts während einer Anrufung in die Hand nehme (Berühren eines geheiligten Gegenstandes), verdeutlicht das Anbinden an eine übergeordnete Instanz (göttliche Sphäre) und entfaltet so seine sakrale Wirkung. Man kann in ihm auch eine Art Geschenk, Weihegabe oder einen Gegenstand der Würdigung sehen. Auch wenn der Ring an sich keine Opfergabe darstellt und in meinem Besitz bleibt, so ist er doch ein sichtbares Zeichen des religiösen Bindungsverhältnisses zwischen Göttern und Menschen (Treue zu den Aesir und Vanir). Es herrscht ein Zustand der Wohlgesinnung, die in gegenseitiger Treue gefestigt ist.
Im Sinne einer Gefolgschaft impliziert dies die Verpflichtung, diese Bindung zu pflegen und aufrecht zu halten, in dem ich die Götter ehre. Die göttliche Instanz könnte den Ring somit auch als „vertragliches“ Kennzeichen verstehen, nach dem Motto: „Sie/er (der Mensch) hat sich dazu entschlossen uns zu folgen, also nehmen wir diesen Eid-Ring als Zeichen dafür.“ Man spricht in diesem Fall von Êwa, einem Vertrag auf gegenseitige Treue.
Der Begriff der Êwa wird meiner Meinung nach am besten von im Buch Das Heilige Fest erklärt. Im „Teil 1 Grundlagen“ befaßt sich ein eigenes Kapitel mit dem Begriff. Ich werde mir erlauben, die relevanten Stellen zu zitieren:
Dies alles mündet in einer klaren und für unsere Ahnen selbstverständlichen, in allen ihren Erfahrungen auf der Hand liegenden Regel:
Götter und Menschen sind durch eine Art von "Recht" und "Sitte" verbunden, die auf Althochdeutsch êwa heißt [...]
einen Vertrag auf Gegenseitigkeit - Gabe und Vergeltung, göttliche Segnungen gegen Opferpflicht.
Die êwa erfordert es, dass die Gemeinschaft als Ganzes und jeder nach seinen Möglichkeiten den Göttern die Ehre erweist, die ihnen gebührt. Das ist der heilige Vertrag, der zwischen ihnen und unseren Ahnen bestand und den jeder, der sich dem germanischen Heidentum zuwendet, von neuem schließt. Es ist auch alles, was die Götter von uns verbindlich erwarten.
Steinbock (S.32)
Darüber hinaus fungiert der Ring als Amulett (in der kleinen Ausführung) an einem Lederband getragen als Erkennungszeichen, da ihm in diesem Kontext eine Identifikationsfunktion zukommt. Form und Aussehen stellen ein Wiedererkennen sicher und bieten ein Zeichen der Zugehörigkeit zu einer religiösen Gemeinschaft.
Die Alten Sitte besitzt hiermit ein eindeutiges Symbol, das sich sozusagen nach innen und außen widerspiegelt. Nach innen meine ich die Verwendung des Stallarings im Blót, was man außerhalb des Blóts (z.B. im Alltag) durch das Tragen des Ring-Amuletts symbolisieren kann - sofern man das möchte. Die Symbolik ist damit eindeutig und nur in diesem Kontext zu verstehen. Während beispielsweise ein Thorshammer aus verschiedensten Gründen getragen werden kann (Biker, Mittelalter, Musik, Fantasy usw.) und in den wenigsten Fällen tatsächlich religiöse Beweggründe eine Rolle spielen, kann dies beim Symbol des Stallarings nicht der Fall sein; zu signifikant ist diese Symbolik.
Blogreferenzen
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Quellen und Verweise
Seiteninfo: 1.Autor: ING | 2.Autor: - | Weitere Autoren: - | Stand: 20.03.2020 | Urheberrecht beachten!