Germanen
Eine Einführung in groben Zügen ...
Jungsteinzeit, Indogermanen
Um 5000 (in Skandinavien ca. 3000) v.d.Z. begann die Spätphase der Steinzeit, die Jungsteinzeit bzw. das Neolithikum. Diese Zeit fällt in eine warme Klimaphase für Norddeutschland und Südskandinavien (Atlantikum). Besonders kennzeichnend für diese Zeit war, daß der Ackerbau nun zur Lebensgrundlage wurde (= neolitische Revolution). Die Menschen ließen sich fest nieder, lebten in langen Stall-Wohnhäusern und bauten einfache Getreidesorten wie Einkorn und Emmer an. Gleichzeitig wurden aus Ton Keramikgefäße hergestellt, deren Machart und Verzierung heute als Kriterium für die Zeiteinteilung genommen werden. Die Gesellschaft wurde arbeitsteilig gegliedert, obwohl man mit dem Tempelberg von Göbekli Tepe (Türkei), dessen Funde bis ins 10. Jts. v.d.Z. zurückreichen, nachweisen konnte, daß auch Jäger-und-Sammler-Gesellschaften bereits eine Arbeitsteilung entwickelt haben mußten. In diese Zeit fällt auch das vermutlich älteste Sonnenobservatorium der Welt bei Goseck in Sachsen-Anhalt (ca. 4800 v.d.Z.) mit Überresten einer Linienband-Keramiker-Siedlung. Die letzten Nutzer diese Anlage waren offenbar Menschen aus der nun besprochenen Trichterbecher-Kultur.
In den Zeitraum zwischen 3500 und 2800 v.d.Z. datiert man die
sogeannte Trichterbecherkultur.
Man spricht hier auch von der Megalithkultur, benannt nach den
großen Steingräbern ('Hünengräber'),
die von Frankreich an entlang der Atlantik- und Nordseeküste bis nach Südskandinavien
zu finden sind. Die riesigen Gang- und Steinkistengräber waren
Massengräber, vielleicht für alle Angehörigen einer Sippe (laut einer Info zur "Straße der Megalithkultur"
in Norddeutschland konnte ein Grab Skelettreste von bis zu 150 Individuen enthalten).
Siehe hierzu auch die Seiten über Ekornavallen
(Schweden) und die Grabanlagen um die Visbeker Braut
(Deutschland). Unter den bekanntesten Gräbern sind Newgrange in Irland bzw.
das Maeshowe-Grab auf den Orkney-Inseln (um 2500 v.d.Z.), in
dessen Grabkammer die Sonne genau zur Wintersonnenwende scheint.
Von den verschiedenen Typen solcher Megalithbauten (Ganggrab, Steinkistengrab, Kammergrab, Galeriegrab ...) herrschte
in Norddeutschland das Ganggrab vor. Dieser Zugang war nach Süden ausgerichtet. In Norden Deutschlands gibt
es noch Reste ca. 400 Megalithgräbern.
Die Megalithiker waren seßhafte Bauern mit einer vermutlich gut strukturierten
Führung, da ansonsten solche riesigen Bauwerke kaum zu bewerkstelligen sind. Der Bau und v.a.
der Transport der bis zu 50 Tonnen schweren Steinblöcke geschah arbeitsteilig mittels
hölzernen Rollen, Hebebäumen, Tauen und Zugtieren.
Fischer-Fabian
beschreibt die Menschen als breitschultrig, mit breiten Gesichtern, derb und stämmig (anhand der Skelettfunde).
Nicht nur Gräber bauten diese Menschen, sondern auch andere heilige Stätten,
deren Funktion nicht völlig klar ist. Wir kennen hier insbesondere das
monumentale Bauwerk Stonehenge. Eine ähnliche Anlage wurde 2000 in Kyhna bei
Leipzig gefunden. Sie bestand ursprünglich aus 6 konzentrischen Kreisen, deren
größter einen Durchmesser von 120m hat. Es gibt - wie auch bei Stonehenge -
eine klare Ausrichtung auf den Sonnenaufgangspunkt zur Sommersonnenwende.
Leider sind die Steine nicht mehr zu sehen, aber die Anlage muß ähnlich
Stonehenge ausgesehen haben.
Aus der Zeit um 3000 v.d.Z. findet
man nun Skelettreste in Einzelgräbern, deren Schädelform sehr lang ist und
deren Merkmale wir als "nordisch" bezeichnen (im Gegensatz zu den
"fälischen" Merkmalen der Megalithiker). Die Keramik wechselte und man spricht von
der Schnurkeramik-Kultur. Träger waren
Menschen, die von Fischer-Fabian als die Urahnen der Germanen bezeichnet werden,
was so vereinfacht dargestellt ist. Richtig ist, daß plötzlich Menschengruppen,
hervorragende Reiter, in Mitteleuropa auftauchten, die im Gegensatz
zu den bäuerlichen Megalithikern ein nomadisches Hirtenvolk waren.
Wir wissen heute von diesen Menschen v.a. durch Sprachforschungen seit dem
Ende des 19. Jahrhunderts. Es fiel damals auf, daß etliche Sprachen,
grob vom Germanischen im Westen bis zum Indischen im Osten, auffällige
Gemeinsamkeiten haben.
Man schloß anhand der sprachlichen Rekonstruktion, daß
es einmal eine indogermanische Ursprache gegeben haben muß.
Man weiß mittlerweile durch diese linguistischen Forschungen recht viel über
diese Menschen, die die Ursprache sprachen. Sie waren patriarchalisch organisiert,
glaubten offenbar an einen 'Himmelsvater', waren nomadische Hirten,
betrieben kaum Ackerbau, hielten v.a. Schafe und Rinder uvm.
Da sie offenbar den Laubbaum 'Buche' kannten, siedelt man diese
Sprachgruppe westlich einer Linie Königsberg (Ostpreußen) -
Odessa (Verbreitungsgebiet der Buche) an. Gegen diese Herleitung gibt es aber
auch Widersprüche der Art, daß man sich fragen muß, ob der gleiche
Name für Buche auch überall den gleichen Baum meinte.
Generell wird als Urheimat dieser Sprachgruppe der Bereich zwischen der Ostsee im
Westen und dem Don / Kaspischen Meer im Osten diskutiert. Gerade dieses Kaukasusumfeld ist
in der Menschheitsentwicklung eine wichtige Region gewesen. Eine neue Theorie besagt jedoch,
daß diese sprachliche Urheimat in Anatolien zu finden sei.
[grenzwissenschaft-aktuell.blogspot.de/2012/08/studie-indogermanische-sprache.html]
Vor allem aber kannten diese Menschen Steinwerkzeuge, hatten jedoch keine Begriffe für Bronze
oder Eisen. So geht man davon aus, daß sich diese ursprüngliche Menschengruppe
noch vor Beginn der Metallzeiten, etwa im 3. Jahrtausend v.d.Z., getrennt hat.
Bisher sprach ich nur von 'Sprachgruppe' und nicht von den Indogermanen als Urvolk. Man müßte hier nämlich die sprachlichen Forschungen auf archäologische Beweise stützen. Hier ist z.B. die 'Kurgan-Kultur' im Gespräch. Generell tun sich die Forscher schwer, den sprachlichen Ansatz auf ein 'Urvolk' auszuweiten.
Diese erste Welle Indogermanen (die zweite folgte ca. 1500 v.d.Z.) traf also auf die Megalithiker, setzte sich zwar militärisch durch, verband sich dann aber mit den Besiegten und es fand ein Verschmelzungsprozeß beider Kulturen statt.
Bronzezeit, Germanen
Manche Forscher schreien auf, wenn man Bronzezeit und Germanen in einem Satz
sagt. Sie stehen auf dem Standpunkt, daß man die Germanen nicht so weit
zurückverfolgen kann, zumindest nicht länger als bis zur
germanischen Lautverschiebung. Wir sind hier also wieder bei der Linguistik, die
sich gerne nur in ihren eigenen Grenzen bewegt. :-)
Die indogermanische Ursprache hatte sich in ostindogermanisch und westindogermanisch
aufgeteilt. Die letzte Gruppe behielt teilweise das K wie z.B. in kentum (Hundert)
bei, so z.B. das Keltische. Beim Germanischen hingegen erfolgte ein Übergang
zum H - hundara. So trennte sich das Germanische, besser das Urgermanische,
durch die germanische (oder erste)
Lautverschiebung ab - kentum - hundara, pater - father ... -
postuliert von Jacob Grimm 1822 (Grimm's Law). Da man diese Lautverschiebung ungefähr auf
die Zeit zwischen 1000 und 500 v.d.Z. datiert, liegt man also schon am
Ende der Bronzezeit, die man ungefähr zwischen 1800 und 700 v.d.Z.
ansetzen kann, in Skandinavien wieder ca. 3 Jahrhunderte später.
Wie gesagt, das sagen die Sprachwissenschaftler.
Von anderer Seite wird aber gerne auf die große kulturelle
Kontinuität im Norden hingewiesen. Derolez oder
Ström beginnen ihre Darstellungen der
germanischen Religion in der Bronzezeit bzw. noch früher. Wir können also davon ausgehen,
daß dieses Gemisch aus Megalithbauern und indogermanischen Eroberern sich
im nördlichen Mitteleuropa festsetzte und die Basis für die späteren
Germanen bildete. Man spricht ab ca. 1000 v.d.Z. auch von der
'urgermanischen Zeit'.
Das Klima war immer noch wärmer als wir es heute kennen und
man spricht manchmal davon, daß die Bronzezeit im Norden ein 'goldenes
Zeitalter' war, da man sehr viele, wertvolle Bronzegegenstände fand, so z.B.
die Sternenscheibe von Nebra aus Sachsen-Anhalt (um 1600). Die Scheibe
zeigt das Siebengestirn, die Plejaden, und dazu einen Kreis und eine Sichel sowie
eine "Sonnenbarke", eines der Standardsymbole der Bronzezeit
(s.a. Felszeichnungen von Tanum).
Die Deutung ist unklar, da der Kreis Sonne oder Vollmond sein könnte, die Sichel
könnte den Mond darstellen, aber auch eine partielle Sonnen- oder Mondfinsternis.
Die Enden der Barke weisen auf die Sonnenuntergangspunkte zur Winter- und
Sommersonnenwende (bei letzterer geht die Sonne beobachtbar über dem
Brocken im Harz unter.) Ein anderer, besonderer Fund ist der
Sonnenwagen von Trundholm (um 1300).
Bronzezeit im übrigen, weil ein schlauer Kopf herausgefunden hatte, daß sich
aus 9 Teilen Kupfer und 1 Teil Zinn eine gute Legierung machen ließ. Das Kupfer
kam aus den Ostalpen, Zinn zum Teil aus Cornwall. Getauscht wurde v.a. gegen
den im Norden vorkommenden Bernstein.
Auch im Ackerbau wurden Fortschritte gemacht, so benutzte man nun den hölzernen
Hakenpflug. Höhergestellte Tote wurden in großen Hügelgräbern
beerdigt, um 1000 ging man zur Beisetzung von Urnen auf Grabfeldern über.
Über religiöse Bräuche wissen wir wenig. Man fand im
Broddenbjærg-Moor in Jütland ein phallisches Holzidol (um 1500) und die
im Aukamper Moor bei Braak (Ostholstein) gefundenen Eichenholzidole, ein Mann und
eine Frau, werden auf das frühe erste Jahrtausend v.d.Z. datiert.
Eisenzeit, Ausbreitung
"Archäologische Funde machen deutlich, daß der bemerkenswerte
Reichtum der Bronzezeit im ersten Jahrtausend v.Chr. mit Beginn der Eisenzeit deutlich abnimmt.
Auch der Reichtum und die Qualität der Grabbeigaben nimmt ab. Das Klima hatte sich sehr
verschlechtert, so daß die nördlichen Gebiete Skandinaviens unbewohnbar wurden und
verarmten. Es war dieses Skandinavien, daß Pytheas um 330 v.Chr. besuchte, und sein Bild
wird von den archäologischen Funden heute bestätigt. Das Eisenzeitalter, das um
500 v.Chr. beginnt, war im Vergleich mit dem Bronzezeitalter für Skandinavien eine
Periode des traurigen Niedergangs."
Magnus Magnusson
Mit der beginnenden Eisenzeit (und auch mit der germanischen Lautverschiebung) werden
die Germanen faßbar.
Man vermutete schon immer einen Ursprung im norddeutschen / dänischen Gebiet.
Archäologisch glaubt man, in den Trägern der Jastorf-Kultur,
deren Phasen a - d (nach Krüger)
die Zeit von ca. 600 v.u.Z. - 0 u.Z. abdecken, die 'Urgermanen' zu
sehen, wobei A. Lund darauf hinweist, daß
dies nicht mehr aktuell sei. Schwierig ist das deshalb, weil die Jastorf-Kultur
archäologisch erfaßt wurde und man nicht weiß, welche Sprache diese
Menschen sprachen. Auffällig ist nach Simek, daß
die Jastorf-Kultur eine Art Verschmelzung von südlichen, eindeutig keltischen Einflüssen und
südskandinavischen Elementen zeigt.
Todd weist allerdings darauf hin, daß
"der Eindruck kultureller Stabilität in Nordgermanien und
Südskandinavien vom späten Neolithikum an vorherrscht."
Das heißt nichts anderes, als daß die aus Megalithikern und indogermanischen
Einwanderern entstandene Bevölkerung seit ihrer Seßhaftwerdung vor
Ort blieb und daß aus ihnen die später genauer abgrenzbaren Germanen
hervorgingen.
"Obwohl es keine völlige Gewißheit gibt, so hat doch die Annahme viel für sich, wonach die
ersten Germanen um die Mitte des letzten vorchristlichen Jahrtausends in einem Raum faßbar werden,
der mit der eisenzeitlichen Jastorf-Kultur archäologisch, aber auch mit Hilfe der Hydronomie
philologisch umschrieben wird. Jastorf, Kreis Uelzen, liegt am Ostrand der Lüneburger Heide,
knapp 40 Kilometer südlich von Lüneburg; der archäologische Fundort gab einer Kultur den Namen,
deren Kerngebiet zunächst nur Osthannover, Schleswig-Holstein, Mecklenburg und die unmittelbar
angrenzenden Gebiete umfaßte. Ungefähr im selben Raum dürfte jener sprachgeschichtlich bedeutsame
Prozeß in Gang gekommen sein, den man die Germanische Lautverschiebung (Grimm's Law) nennt.
Um nur zwei Beispiele zu geben: p in lat. pater wird zu f wie in engl. father oder k wie in
lat. kentum (centum) wird zu h wie in dt. hundert.
Durch die Verschiebung der gutturalen und labialen Konsonanten unterscheidet sich das Germanische
von anderen indogermanischen Sprachen, wie dem Griechischen, Lateinischen, Sanskrit, Slawischen
und Keltischen. Noch während sich dieser Prozeß vollzog, wurde ein Gebiet germanisch, das sich von
der Rheinmündung im Westen bis zur Oder im Osten und von der Lößgrenze im Süden bis Mittelskandinavien
erstreckte."
[Herwig Wolfram]
Udolph (WELT-Artikel) ermittelte das Stammgebiet der Germanen anhand der Orts- und Gewässernamenforschung im Bereich zwischen Elbe / Rhön / Erzgebirge. Der Autor weist nach, daß der Name des Flusses Elbe nicht von lat. 'albus' kommen kann und daß Rhoen z.B. mit altnordisch 'Rhaun' = 'steiniges Land' zusammenhängt. Seinen Erkenntnissen zufolge zogen die Germanen ca. 500 v.u.Z. aus diesem Ursprungsgebiet los und breiteten sich aus. Simek sieht die Ethnogenese jedoch in Zentraldänemark.
In der Eisenzeit wurden die Waffen und andere Gerätschaften nun eben aus Eisen hergestellt. Weiterhin waren bronzene Gegenstände in Benutzung. Im Süden spricht man zunächst von der Hallstattzeit, die eher mit der keltischen Kultur verbunden ist. Als herausragenden Fund haben wir z.B. den 'Keltenfürsten von Hochdorf' (um 500 v.d.Z.). Die Zeit zwischen 500 und der Zeitenwende wird dann Latène-Zeit genannt. Auch in dieser Zeit ging es im Ackerbau mit dem hölzernen Wendepflug zu besseren Erträgen. Weitere Erfindungen waren die schnellrotierende Töpferscheibe und Drehmühlen.
Die germanische Ursprache hatte sich zwischenzeitlich aufgespalten in 3 altgermanische Sprachen, die sich wiederum verästelten:
Südgermanisch | Ingwäonisch (Westgermanisch) | Angelsächsisch (daraus Englisch) Altniederfränkisch (daraus Niederländisch) Altsächsisch (daraus Niederdeutsch) Altfriesisch -- hwit (neuengl. white) -- |
Althochdeutsch | Fränkisch Bairisch Alemannisch (Langobardisch) (daraus Neuhochdeutsch) -- (h)wiz (neuhochdt. weiß) -- |
|
Nordgermanisch = "Urnordisch" |
Westnordisch | Altnorwegisch Altisländisch (daraus Norwegisch, Neuisländisch) |
Ostnordisch | Altdänisch Altschwedisch (daraus Dänisch, Schwedisch) -- hvitr (schwed. vit, dän. hvid) -- |
|
Ostgermanisch | Gotisch (Wandalisch, Burgundisch, Rugisch, Skirisch) (heute ausgestorben) -- hveits -- |
Nach: Hasenfratz, ergänzt aus Ström
Die Germanen hielt es nun nicht mehr in ihrem Ursprungsgebiet, vielleicht kam das indogermanische Erbe durch. ;-)
Es gibt verschiedenen Theorien, wieso sich in der Zeit kurz vor der Zeitenwende
eine Ausbreitung der Germanen feststellen läßt.
Man vermutet z.B. einen Einfluß der Klimaverschlechterung, Landknappheit oder Hungersnöte, auch glaubt man, daß die
Kelten den Handel mit dem Mittelmeerraum dermaßen kontrollierten, daß die
nördlicher lebenden Germanen kaum mehr Handelsware erhielten.
Über diesen Handel berichtet der Grieche Pytheas von Massilia,
der um 340/320 v.d.Z. die Nordsee besegelte. Er kam zur 'Bernsteininsel Abalus',
Helgoland, und berichtete, daß man dort Bernsteinhandel mit den am Ufer lebenden
Teutonen betreibe. Weiter im Norden sah er Land, das er als 'Thule'
bezeichnete (Shetland, Färöer?). Interessanterweise waren es gerade diese Teutonen, die später zusammen
mit anderen Völkern ihre nordfriesische Heimat verlassen.
Um 200 v.d.Z. begann auch die Westwärtsbewegung der Hunnen, die von den
Grenzen Chinas bis nach Mitteleuropa zogen. Auch sie haben einen Anteil an den
germanischen Wanderungen, wenn auch eher der späteren 'Völkerwanderung'.
Wie dem auch sei, das Siedlungsgebiet der Germanen hatte in den ersten Jahrhunderten vor
der Zeitenwende eine Tendenz, sich nach Süden zu vergrößern. :)
Wieso spricht man überhaupt von 'Germanen'? Pytheas hat ja
nur von einem Stamm der Teutonen gesprochen, aber nicht von den Germanen.
Hier hat die Sprachforschung zunächst einfach die praktische Definition
geleistet: Die Germanen, das sind Sprecher einer germanischen Sprache (das
zeigt z.B. die obige Tabelle). Nun muß man aber sagen, daß zur ethnischen
Identität mehr gehört als nur die Sprache.
Historisch gesehen gab es viele verschiedene Stämme, die wir heute als
Germanen bezeichnen. Sie selbst kannten nur ihren Stammesnamen und verstanden sich und
andere Stämme höchstwahrscheinlich nicht als zu einer übergeordneten
Einheit gehörend. Es gibt viele Theorien dazu, woher der Name 'Germanen'
kommt. Alle Herleitungen bleiben ungenau, so daß man am ehesten über die
Verwendung geht: vermutlich benutzten zuerst gallo-keltische Stämme diesen
Namen für über den Rhein drängende, rechtsrheinische Völkerschaften.
Immerhin schreibt Simek, der Name "Germanen"
sei bereits 200 v.d.Z. in Rom bekannt gewesen(, so daß es fraglich ist, ob der Grieche Poseidonius wirklich
der Erste war, der um 80 v.d.Z. von den 'Germanen' schrieb). A. Lund vertritt
die These, daß Cäsar den Begriff 'Germani' in diesem Sinne vorgefunden habe,
aber als Oberbegriff für die rechtsrheinischen
Völker ("die Germanen Germaniens") neu geprägt habe.
Åke Ström schreibt kurz und
knapp: "... ab Caesar und Tacitus bezeichnet der Terminus die
germanischsprechenden Stämme, und so muß er auch in der geschichtlichen
Germanistik verwendet werden." Heutzutage liest man am ehesten den Begriff "gentes" für
die einzelnen Volksstämme. Eine knappe Auflistung des "Volkes der vielen hundert Stämme"
findet sich bei Krause.
Kimbern und Teutonen
Ein Extra-Abschnitt soll sich nun diesen germanischen Stämmen widmen, die als erste in enge Berühung mit der römischen Welt kamen. Sie zogen im Rahmen der bereits angeführten Ausbreitungswelle um 120 v.d.Z. aus ihrem Siedlungsgebiet los. Die Kimbern saßen in Ostjütland, die Teutonen im Nordfriesischen, die Ambronen auf der Insel Amrum, die Haruden irgendwo mittendrin. Ca. 100000 bis 300000 Menschen zogen damals los; vielleicht war eine Sturmflut der Auslöser, vielleicht war es Nahrungs- oder Landknappheit, vielleicht das schlechter gewordene Klima, vielleicht die Nachrichten vom sonnendurchfluteten Südeuropa.
Man zog die Elbe aufwärts, durchs Böhmische nach Süden und im Jahr 113 kam es zur
Schlacht von Noreia, in der die römischen Verbündeten (Taurisker) vernichtend
geschlagen wurden. Die Stämme zogen weiter und es kam 109 und 105 (6.10.) zu
weiteren siegreichen Schlachten gegen die Römer (bei Arausio (Orange) über
Mallius Maximus und Servilius Caepio). Im Anschluß teilten sich die
Stämme auf, die Kimbern zogen nach Spanien, die Teutonen ins Nordgallische. Nach
einer Wiedervereinigung der Stämme in der Normandie trennte man sich abermals: die
Kimbern zogen über den Rhein Richtung Ostalpen, die Teutonen zogen die Rhone
abwärts.
102 kam es dann zur Vernichtung der Teutonen und Ambronen bei Aquae Sextiae
(Aix-en-Provence) durch den römischen Feldherr Gaius Marius, 101 (30.7.) erlitten
die Kimbern unter Boiorix bei Vercellae (Vercelli) das gleiche Schicksal
durch den römischen Feldherrn Gaius Marius.
"Der Massenselbstmord der Frauen, der Freitod kimbrischer
Herzöge, das Aneinanderfesseln der Vorkämpfer, die Aufforderung des Königs Boiorix, Zeit
und Kampfplatz zu bestimmen, all das deutet darauf hin, daß die Kimbern erfüllt waren
von einer gewaltigen religiösen Kraft, daß sie bereit waren, die Entscheidung auf den
Raudischen Feldern als ein Gottesurteil anzusehen. Wenn die Götter gegen sie entschieden,
so hatte ihr Volk nichts anderes verdient als den Untergang."
[Fischer-Fabian]
Reste der Stämme sind wieder in ihre ursprüngliche Heimat gezogen und
man bringt z.B. den Silberkessel von Gundestrup (1. Jhd. v.d.Z.) mit ihnen in Verbindung.
Er wurde 1891 in Nord-Jütland gefunden und ist entweder in Gallien oder
im Bereich der unteren Donau hergestellt worden. Man vermutet, daß er den
Kimbern in die Hände fiel und mit nach Norden genommen wurde.
Daß nicht alle Menschen nach Süden gezogen waren, kann man daran
erkennen, daß es durchgehend Moorfunde
(Opferfunde) gibt, so z.B. im
Thorsberger Moor (bei Süderbrarup, Schleswig-Holstein) aus der Zeit des
1. Jhd. v.d.Z. bis zum 4. Jhd. u.Z. Die ältesten Funde sind Holz- und
Tongefäße (Speiseopfer?), die jüngere v.a. Heeresausrüstung.
Besonders wertvoll sind die beiden Zierscheiben und die silberne Gesichtsmaske.
In den Mooren finden sich auch menschliche Leichen aus germanischer Zeit,
die als Opfer oder hingerichtete Verbrecher gedeutet werden. Bekannt sind z.B.
der Tollund-Mann (um die Zeitenwende) oder das Mädchen von Vindeby (ca.
2. / 3. Jhd. u.Z.), das sich mittlerweile als Junge herausgestellt hat
[n-tv.de/645965.html]:
Neben einem gut erhaltenen, 16-jährigen, nackten Jungen
mit Augenbinde (heutige Deutung: verrutschtes Kopfband) und Birkenstock in der Hand,
der wohl an Unterernährung und einer Kieferentzündung litt,
lag in ca. 5m Entfernung ein älterer bekleideter Mann,
der mit Stöcken im Moor festgesteckt war. Für beide ist eine Grube ausgehoben worden.
Auffällig an der Jungenleiche sind die kurzgeschorenen Haare und die zu
einer obszönen Geste ('Feige') gelegten Hände, was zur Deutung im Rahmen
einer Bestrafung wegen Ehebruchs anregte (als man noch von einem Mädchen ausging; heutige Deutung:
Verformung der Hand nach dem Tod). Ein großer Stein, der nahe der linken Hüfte
des Jungens lag, könnte im Zusammenhang mit einer Ertränkung eine Rolle
gespielt haben. Generell werden Nacktheit, Äste und Steine sowie Spuren von
Gewalt als Hinweis auf ein Menschenopfer gedeutet. Heute vermutet man, daß die Haare
beim Bergen der Leiche versehentlich abgetrennt wurden. Der Mann wurde im übrigen ca. 300 Jahre
vor dem Jungen ins Moor gebracht.
Bisher hat man ca. 500 überwiegend männliche Leichen geborgen,
die vor allem aus der Zeit um das Jahr 0 stammen.
Den letzten Ruhm errangen kimbrisch-teutonische Sklaven (in römischen Diensten) beim sogenannten Spartakus-Aufstand (73-71 v.d.Z.).
Der Konflikt mit den Römern
Bis zur Zeit des römischen Kaisers Augustus (63 - 14) hatten die Römer
mehr Glück als Verstand, wie man so schön sagt. Wie
Fischer-Fabian ausführt,
hätten Kimbern und Teutonen die Römer zu Beginn des Konfliktes überrennen
können, aber sie taten es nicht, fragten vielmehr eher untertänig nach Siedlungsland für sich.
Das änderte sich nun mit dem Sueben Ariovist, der deutlich forscher
auftrat. Er zog mit Kriegern der Triboker, Markomannen, Nemetern und
Wengionen über den Rhein und schlug die keltischen Häduer (61 v.d.Z.).
Er siedelte sich dort an, geriet in Konflikt mit dem dortigen römischen
Statthalter, Cäsar, und wurde 58 wieder über den Rhein
zurückgedrängt.
In den Jahren 58 - 51 eroberte dieser Cäsar Gallien, besiegte die Helvetier,
Nervier, Aquitanier und schlug 52 den Anführer Vercingetorix.
Gallien wurde als Gallia belgica und Gallia celtica römischce Provinz und
somit wurde der Rhein Ostgrenze des römischen Reiches.
Zum Rhein kam Cäsar 55 und 53 und schlug u.a. eine Brücke im
Neuwieder Becken. Er betrat somit als erster Römer rechtsrheinisches,
germanisches Gebiet. Dort zog er 18 Tage erwüstend umher und drängte
Sugambrer, Tenkterer und Usipeter bei Confluentes (Koblenz) zurück. In seinem
Bericht vom gallischen Krieg (De Bello Gallico)
schreibt Cäsar über die Unterschiede zwischen Kelten und Germanen und
nennt 16 ihm bekannte germanische Stämme.
Das älteste römische Militärlager in Deutschland konnten Archäologen
nahe der Stadt Hermeskeil im Hunsrück lokalisieren. Die ca. 26ha große Anlage wurde um
50 v.d.Z. erbaut - direkt in der Nähe der treverischen Siedlung 'Hunnenring'. (Dr. Hornung, Uni Mainz).
Nach Cäsars Tod (44) verfolgte Augustus den Plan, die Grenze vom Rhein
zur Elbe zu verschieben. Auslöser für den sogenannten
'Dreißigjährigen Krieg' zwischen Römern und Germanen
(16 v.d.Z. - 15 u.Z.) waren weitere Überfälle der Germanen auf linksrheinisches
Gebiet. Manche Stämme akzeptierten die römische Dominanz, so die Ubier,
die 38 von M. Vipsanius Agrippa im Raum Erftland / Köln angesiedelt wurden.
Bei Bonn drängten 16 Sugambrer und Tenkterer über den Rhein und
überfielen eine römische Legion bei Aachen.
Zwischen 12 und 9 fand die Drusus-Offensive statt.
Drusus drang von Westen her über den Rhein vor und erreichte Weser und Elbe.
Bekannt ist seine Begegnung dort mit einer germanischen Seherin, die ihm seinen
Tod vorhersagt. Die Drusus begleitende römische Flotte segelte in die Nordsee
und erkundete mehrere Inseln, so auch Helgoland.
Das Jahr 9 u.Z. wird als Schicksalsjahr für die Römer angesehen.
In diesem Jahr traf P. Quintilius Varus
'beim Teutoburger Wald' (noch andauernde
Grabungen am Kalkrieser Berg nordöstlich Osnabrück) auf Germanenstämme (Chatten, Angrivarier, Chattuarier,
Usipeter, Tubanten, Kalukonen, Marser, Brukterer) unter Führung des
Cheruskers (und römischen Offiziers) Arminius. In dem Fiasko wurden
3 römische Legionen, ca. 25000 Menschen inkl. Versorgungstroß,
vernichtet. Varus, der von Arminius' Widersacher Segestes gewarnt worden war,
beging in aussichtsloser Lage Selbstmord. Sein Kopf wurde später von Arminius
an Marbod, den Markomannenkönig, geschickt, um ihn "auf Linie zu ziehen",
was nicht gelang.
Man sieht heute Varus' Fehler, der sich zu sicher wähnte und mehr auf Organisation einer
römischen Provinz 'Germanien' aus war, als auf militärische Unterwerfung. Auf Arminius' Seite
sieht man v.a. den Machtwillen im Vordergrund und den Wunsch, König in einem römischen
Stil über mehrere Germanenstämme sein zu können. Evtl. sah er in Marbod sein Vorbild.
Literatur zum Thema Varusschlacht: Zum "Varusjahr 2009"
erschienen unzählige Bücher zum Thema. Ich empfehle diese vier:
Wolters (speziell zur Varusschlacht oder auch dieses
zur Thematik Römer in Germanien),
Pantle,
Böckmann sowie - zur eigenen Meinungsbildung -
das Kalkriese-kritische Werk der Familie Schoppe.
Erst fünf Jahre später (14 / 16) versuchte sich Germanicus an einer Rache. Er zog mit 50000 Legionären gegen die Germanen, bekannt ist hier v.a. sein Überfall auf die am Tanfana-Heiligtum feiernden Marser. Germanicus besiegte Arminius bei Idostaviso (Nähe Porta Westfalica?). Doch ein weiterer Vorstoß brachte keinen Erfolg und so zog der römische Feldherr sich zurück, womit er eine Wende in der römischen Germanenpolitik einleitete. Die Römer gingen fortan im wesentlichen in Defensivstellung an Rhein und Donau, bis der Kaiser Tiberius im Jahr 17 alle römischen Truppen aus Germanien abzog (Germania libera).
Das ausgehende erste Jahrhundert u.Z. sah weitere Scharmützel, so den Bataveraufstand (69-71; Seherin Veleda) und die 'Chattenkriege' (83 / 84). Die Römer begannen um 85 u.Z. unter Domitian mit dem Bau eines Schutzwalls: dem Limes, der über die Höhen von Westerwald und Taunus bis ins bayrische Unterfranken ging, zuletzt bestand er aus ca. 900 Wachtürmen und ca. 60 Kastellen, die Gesamtlänge war über 500km. (Seit 2005 u.Z. gehört der Limes zum Unesco Weltkulturerbe.) Die dadurch 'befriedeten' Rheinprovinzen (Germania inferior) wurden zunehmend romanisiert und erlebten eine wirtschaftliche Blüte. Von diesem Miteinander profitierte offenbar auch der römische Schriftsteller Tacitus, der im Jahr 98 seine berühmte Germania schrieb. Er stützte sich, so wird vermutet, auf Aussagen von Händlern und Legionären.
Erstmalig ist es nun (2010) Forschern
gelungen, den ca. 150 u.Z. entstandenen Atlas von mittels
Fehlerkorrektursystem auf eine heutige Deutschlandkarte zu übertragen. Viele Städte erscheinen
darauf bereits als Siedlungen, obwohl ein solches Alter bislang nicht bekannt war. Interessant auch:
der Ort der Varusschlacht könnte sich um ca. 200km südöstlich von Kalkriese
wiederfinden (Amisia / Felsburg); siehe dazu auch den Artikel Amisia? Ich kenne ein Amisia.
Ein recht spätes (frühes 3. Jhd. u.Z.), bis dato unbekanntes Schlachtfeld hat man am
Harzhorn gefunden.
Natürlich war auch der Limes keine unüberwindbare Grenze.
162 durchbrachen ihn die Chatten im Württembergischen, 166/67 überrannten
ihn Markomannen, Quaden, Langobarden und Wandalen (und drangen in der Folge
bis zur Adria vor) ("Markomannenkriege" über 14 Jahre).
Die Markomannen saßen um die Zeitenwende noch in Böhmen, jetzt überquerten sie
den Rhein - es waren als im germanischen "Hinterland" Wanderungs- oder
Verdrängungsbewegungen im Gange.
Auch die Goten waren vom Norden her mittlerweile bis ins südliche
Polen vorgedrungen. Es war Bewegung in den Völkerschaften; die Chatten
durchbrachen den Limes erneut im Jahre 171, um 200 spricht man vom rechtsrheinischen
Völkergemisch als den 'Franken'. Diese Periode nennt man auch
'Vor-Völkerwanderungszeit'.
Auch im 3. Jahrhundert gingen die Überfälle auf römische Siedlungen
weiter, so der Durchbruch der Alamannen durch den Limes im Jahr 213. Schließlich
fiel der Limes in den Jahren 257 / 260, was zur Folge hatte, daß Franken
und Alamannen über den Rhein drängten. 270 / 75 zerstörten die
Franken Trier, 355 nahmen sie über 40 Städte, darunter
Xanten, Neuss, Köln, Bonn, Andernach.
Neben den Funden von Kalkriese wurde am Harzhorn in Südniedersachsen ein Schlachtfeld zwischen Römern und
Germanen gefunden (2008), das auf ca. 235 u.Z. datiert wird. Neueste Forschungen gehen von ca.
15000 bis 20000 römischen Soldaten aus, die hier in einen germanischen Hinterhalt gegangen sein könnten (s.
Märtin, WELT Online).
"Rome established its Empire by destroying other civilizations. Carthage, one
of the great cities of the ancient world, was levelled by the Romans in 146 BC. There were once
great libraries containing books in taht culture's language: Punic. Not a line of Punic remains. The
Temple in Jerusalem was obliterated and its contents removed to Rome, so we can only
speculate about teh way it functioned during the life of Jesus. We know that the Druids
had teachings, but virtually all their writings were destroyed. The Dacians had a religious
philosophy compared by the Greeks to that of Moses and Pythagoras, but its content has been utterly erased."
[Jones / Ereira]
Die Völkerwanderung
Diese Zeit ist eine Periode von Unruhe und Aufbruch und so will ich den
Abschnitt mit dem Hinweis darauf beginnen, daß Wulfila, christlicher
Bischof gotischer Abstammung, die Bibel um 350 u.Z. ins Gotische übersetzte.
Somit haben wir hier das älteste germanische Literaturdenkmal; sinnigerweise - und
für die heutige Quelleninterpretaion immens wichtig - ist es bereits ein
christlicher Text.
Es war Bewegung in den germanischen Völkern.
Wir haben es in dieser Zeit vom Ende des 4. bis zur Mitte des 6. Jhds. mit mindestens
8 germanischen Großstämmen zu tun:
Sachsen, Friesen, Franken, Alemannen, Goten, Vandalen, Angeln und Jüten.
Die Goten hatten sich in den letzten Jahren des 3. Jahrhunderts in Ost- und
Westgoten gespalten und Ermanarich errichtete
ein Ostgotenreich zwischen Don und Dnjepr in Südrußland. Er wurde
um 370 von den anrückenden Hunnen am Schwarzen Meer geschlagen. Der
Hunneneinbruch wurde weiter oben schon als
Auslöser für die Völkerwanderung bezeichnet (das "knappe hunnische
Jahrhundert" nach Simek: 375 - 455 u.Z.). Später
errichteten die Ostgoten unter Theoderich dem Großen ein Reich im
nördlichen Italien (471 - 526), das 553 von Ostrom unterworfen wurde.
Alarich, Westgotenkönig, marschierte mit seinem
Volk um die Wende zum 5. Jhd. nach Süden. 410 stürmten sie Rom und
zogen weiter durch Frankreich nach Spanien. Dort gründen sie
das 'tolosanische Westgotenreich' zwischen Loire und
Garonne (Theoderich I., 418 - 507).
Die Burgunder wanderten vom Taunus-Gebiet ab 406
ins Rhein-Main-Gebiet und errichteten um 413 dort ein Burgunderreich unter König
Gundahar, dem Gunther des Nibelungenliedes. Dieses Reich wurde um 440 vom Hunnen
Attila und dem Römer Aetius vernichtet; der Rest des burgundischen Volkes
erhielt neues Siedlungsgebiet an der Rhône. In dieser Zeit war Attila
Alleinherrscher über das Hunnenreich, das sich vom Kaukasus bis an den Rhein
erstreckte. Jedoch hielt das Reich nicht lange: Aetius, einstiger Verbündeter
Attilas, besiegte diesen nun auf den Katalaunischen Feldern im Bündnis mit
den Westgoten (und Burgundern?). 453 starb Attila und das Reich löste sich
auf.
Die Vandalen eroberten 455 Rom, weiter
zog es sie unter Geiserich von Spanien nach Nordafrika, wo zwischen
429 und 534 ein Vandalenreich bestand.
Um die Mitte des 5. Jhds. zog es Angeln, Sachsen, Jüten
nach Brittannien.
Die Franken hatten ihre Herrschaft im linksrheinischen Gebiet konsolidiert, was zum
Ende der römischen Rheinprovinzen führte.
Die Merowingerzeit wurde durch die Königskrönung
Chlodwigs (482 - 511) als
König der Franken eingeleitet. 493 heiratete er die Burgunderin Chlothilde, die
ihn zum (kath.) Christentum bekehrte. Chlodwig ließ sich 496 in Tours vor der
Schlacht gegen die Alamannen bei Zülpich taufen.
Von den Langobarden war bisher wenig die Rede. Alboin zog 568 nach Rom, das
sozusagen "erste Anlaufstelle" für aufbegehrende Germanen war.
Er gründete dort ein Langobardenreich, das bis 774 bestand.
Diese Reichsgründung fällt mit dem Ende der Völkerwanderungszeit
zusammen.
Von Flavius Odoaker, um 430 geboren, soll noch kurz die Rede sein. Er setzte 476 den letzten römischen Kaiser, Romulus Augustulus, ab, womit das weströmische Reich zu Ende ging. Das oströmische Reich (Konstantinopel) bestand weiter. Odoaker geriet in Konflikt mit Theoderich dem Großen, es kam zur Schlacht bei Verona. 493 zog Theoderich in Ravenna ein, beim Versöhnungsfest mit Odoaker wurde dieser vom Ostgoten erschlagen.
Merowinger und Karolinger
Von Chlodwig war schon die Rede. Seine Söhne erbten 511 das Frankenreich. Die
Irrungen und Wirrungen mit Aufteilung und Wiedervereinigung des Reiches möge man
in entsprechenden Geschichtsbüchern nachlesen - und dabei nicht vergessen, daß
es hier schon um ein christliches Frankenreich geht. Die "konsequente Christianisierung" und
das mehr als bei anderen Stämmen vorhandene "Selbstverständnis als gens" sieht
Simek als Erfolgsfaktor der Franken.
Systematisch vergrößerten die Franken ihren Einfluß. Sie eroberten
Erminfrieds Thüringerreich, Godomars Burgunderreich und drängten
Alamannen und Bayern zurück.
561 wurde das Frankenreich unter Chlothars Söhne aufgeteilt, es entstanden die
Teilreiche Austrasien, Neustrien und Burgund. Der Aufstieg der Karolinger begann mit der
erneuten Einigung des Reiches unter Dagobert I. (629 - 639)
Mit Karl Martell (714 - 740) wird u.a. die Zurückdrängung islamischer Heere bis
hinter die Pyrenäen verbunden.
Pippin d.J. setzte 751 Childerich III. ab und regierte bis zum Amtsantritt
Karls des Großen (768).
Wie kein anderer steht Karl für Expansion
und damit auch Ausbreitung des Christentums. Er sorgte dafür, daß "kirchliche Machthaber wie Bischöfe
und Äbte (...) Schlüsselpositionen in der Verwaltung des Reiches inne (hatten). (...) Auf diese
Weise entstand eine Gesellschaft, in der die Mächtigen, die Reichen und die Kirche sich gegenseitig
unterstützten." (Willemsen).
Bekannt sind v.a. seine Sachsenkriege (772 - 804), in denen er dem sächsischen Anführer
Widukind gegenübersteht. Karl zerstörte im Sinne einer "Schwertmission" das Zentralheiligtum
der Sachsen, die Irminsul-Säule und richtete 782 in Verden an der Aller
ein Blutbad an: Er soll an einem Tag mehr als 4000 Sachsen getötet haben.
800 wurde Karl zum Kaiser gekrönt. Viele wissen heute nicht, daß es
derselbe Karl war, der muttersprachliche Lieder hat aufzeichnen lassen, um sie
vor dem Untergang zu bewahren. Sein Sohn, Ludwig der Fromme, hat das alles
zerstört. In Karls Regierungszeit (bis 814) fällt auch die
Aufzeichnung des Hildebrandliedes im Kloster Fulda.
870 wurde ein Vertrag (von Meersen) zwischen Karl dem Kahlen und Ludwig
dem Deutschen geschlossen, wonach Westfranken (Frankreich) und Ostfranken
(Deutschland) entstanden.
Wikinger und Abschluß
"793: In diesem Jahr erschienen schreckliche Vorzeichen in ganz Northumbrien
und verängstigten das Volk sehr. Sie bestanden aus gewaltigen Wirbelwinden und Blitzschlägen,
und feurige Drachen wurden am Himmel gesehen. Eine große Hungersnot traf bald nach diesen
Zeichen ein, und kurz darauf in demselben Jahr, am 8. Brachet, zerstörten die Verheerungen von
heidnischen Männern auf schändliche Weise die Kirche Gottes auf Lindisfarne mit Plünderungen
und Morden."
[Angelsächsische Chronik]
Im Sinne der gewünschten Konzentration auf südgermanische Verhältnisse
seien die Wikinger hier nur kurz erwähnt.
Die Zeit der Wikinger, also der Nordgermanen ("Leute aus dem buchtenreichen Land" oder
"Leute aus Viken (Oslofjord)", nach Simek;
auch vík = Kampf, Willemsen),
wird ähnlich wie bei den Kimbern
und Teutonen mit ihrem ersten großen Überfall / Sieg angegeben.
Die Nähe zum Meer hatte diese Menschen zu guten Seefahrern gemacht und am 8.6.793 u.Z.
waren sie nach England gesegelt, wo sie das Kloster Lindisfarne überfielen.
In den Folgejahren überfielen die Wikinger auch Irland, Schottland und 799 zum
ersten Mal das Frankenreich. Es waren vor allem dänische und norwegische
Wikinger, die sich nach Westen wandten. Die Schwedischen zog es eher in die
Weiten Rußlands ('Waräger, Rus'). Von diesem Drang in den Osten
profitierte z.B. die Wikingerstadt Birka,
die zwischen 800 und 950 ihre Blüte erlebte. Auch der Handelsort
Haithabu wird zum ersten Mal im Jahr
804 erwähnt. Die Wikinger kamen hier in Konflikt mit Karls Frankenreich und der Bau des 'Danewerks' ging in
die zweite Phase.
Allerdings muß man erwähnen, daß es schon lange vor der Wikingerzeit reguläre
Handelsbeziehungen z.B. der Merowinger mit dem Norden gab. Und auch die Wikinger, deren Selbstbezeichnung
das erste Mal Ende des 11. Jhds. bei Adam von Bremen zu finden ist (ansonsten auch pagani, pyratae oder normanni genannt),
trieben normalen Handeln - neben den Beutezügen.
834 begannen regelmäßige Raubzüge nach Mitteleuropa, 839 überwinterten
die Wikinger erstmalig in Irland, nach 840 auch im Frankenreich.
845 nahmen sie Hamburg ein und überfielen Paris (Paris auch 856-857, 861, 885-886);
Karl der Kahle zahlte dem Wikingeranführer Ragnar ein Lösegeld, damit diese abzogen (Danegeld).
Die nach Norden aufgebrochenen Wikinger besiedelten um 860 die
Färöer und entdeckten in der Folge Island (Besiedlung ab 874, doch lt.
dieser Quelle
bereits ab ca. 770 (Siedlung Hafnir)).
Von dort aus wurde Grönland besiedelt,
die Wikinger fuhren bis nach Amerika in ihren Schiffen. Zwei Sagas erzählen davon, die Saga von Erik dem Roten sowie
die Saga der Grönländer. Die dort genannten Orte Straumsfjord und Leifsbudir halten Archäologen für Bezeichnungen
für L'Anse aux Meadows, wo man Überreste einer Wikingersiedlung gefunden hat. Die Wikinger nannten das
Gebiet jenseits des Ozeans Vinland (mit langem 'i'), d.h. Weinland, weil in der Gegend des heutigen New Brunswick
wilder Wein wuchs. Somit wird Vinland nicht mit kurzem 'i' gesprochen, was Grasland bedeuten würde. Unklar ist, wie weit
die Wikinger nach Süden vordrangen. Die oft angeführten Belege (Kensington Runestone, Minnesota, sowie der Turm
von Newport, Rhode Island) werden als Fälschungen angesehen.
865 kamen die Wikinger bis Byzanz, 866 landeten die Söhne Ragnar Lodbroks
mit dem 'Großen Heer' in England. Dort wurde die Wikingerstadt Jorvik (York) gegründet.
Ab 865 leisteten die Engländer auch Danegeldzahlungen. 881/882 zogen die Wikinger
rheinaufwärts bis Worms, moselaufwärts bis Metz.
Um 900 mehrte sich der Widerstand gegen die Wikinger, die Angelsachsen eroberten das
'Danelag' zurück. 954 wurde Erik Blutaxt aus York vertrieben.
Weitere Details mögen unterbleiben, das Ende der Wikingerzeit wird meist
mit der Schlacht von Hastings (14.10.1066) angegeben:
William der Bastard / der Eroberer schlug Harold Godwinson.
Seiteninfo: 1.Autor: Stilkam | 2.Autor: ING | Weitere Autoren: - | Stand: 20.03.2020 | Urheberrecht beachten!