Tod
Einleitung
Für viele Kulturen ist der biologische Tod nicht gleichzeitig auch das endgültige Ende einer
Existenz. Tote können in der einen oder anderen Weise weiterexistieren, bis sie eventuell vom
"Zweiten Tod" endgültig vernichtet werden. Tritt dies nicht ein, ist der Tod nicht
wirklich "Tod", sondern Leben (nach Hasenfratz).
Für die Germanen gilt ähnliches: Der Tote im
Grabhügel ist dort anwesend und kann magisch kontaktiert werden. Der gefährliche, wiedergängerische
Tote muß erst vernichtet werden, bevor er Ruhe gibt.
Bei den Germanen gab es verschiedene Vorstellungen von Nachwelten, die ich unten schildere.
Vermutlich hat es jedoch keine Vorstellung von einer Wiedergeburt (s. weiter unten) gegeben,
Simek verwirft sie völlig.
Grundsätzlich kann man annehmen, daß sich die Jenseitsvorstellungen in den Begräbnissitten spiegeln. Aus den Megalithgräbern des Neolithikums kann man schließen, daß die Toten "zu den Ahnen gingen", daß also alle Toten im Sippenverband gemeinsam im Großgrab ruhten. In der Bronzezeit kam dann die "Vereinzelung" des Toten auf, also meist einzelne Körpergräber mit reichlichen Beigaben. Hier hatte offenbar das Individuum an Stärke gewonnen und man glaubte eventuell an ein Fortleben in der bisherigen Form, sonst hätte man keine Waffen usw. beigeben müssen. Die Beigabensitte verebbte dann aber und es wurde zur Leichenverbrennung übergegangen. Sinnigerweise zeigen die frühesten Brandgräber, daß die Asche in einen menschengroßen Sarg gegeben wurde. Derolez vermutet, daß die Menschen sich nicht so richtig mit der Verbrennung anfreunden konnten. Stand dahinter die Vermutung, daß das Zerstören der körperlichen Form ein "Weiterleben" jenseits des Todeszeitpunktes unmöglich macht? Hasenfratz schreibt: "Verbrennung des Toten ist oft da notwendig, wo seine Seele in ein himmlisches, und Erdbestattung, wo sie in ein unterirdisches Jenseits ziehen soll." Später lebte die Körpergrabsitte wieder auf (gerade in der Zeit der Germanenmission wurde die Leichenverbrennung z.B. von Karl dem Großen unter Strafe gestellt) und gerade spätheidnische Gräber haben wieder reichliche Beigaben. Dies könnte eine klare Abgrenzung vom Christentum sein, das die Beigabensitte verdammte. Offenbar wollten diese Heiden nicht von der Vorstellung ab, daß der Mensch ohne Beigaben nach dem Tod "weiterexistieren" kann. Aber wo existierte der Tote?
Für eine allgemeine Betrachtung religiöser Bestattungsriten (und ihrer Funktionen) verweise ich auf Hasenfratz.
Einen ganz interessanten Ansatz bringt Gebühr zum Tragen: Er schildert sogenannte Sterbeerlebnisse oder Nahtod-Erfahrungen. Dabei schildern Menschen, die wieder ins Leben zurückgefunden haben, was sie kurz vor dem tatsächlichen Tod erlebt haben: Meist sahen die Menschen sich außerhalb ihres Körpers, nahmen einen Tunnel wahr, ein wesenhaftes Licht, aus dem auch eine Stimme sprach. Sie sahen Verwandte, Landschaften, Geistwesen und manchmal eine Art Grenze, z.B. einen Zaun, an der offenbar der tatsächliche Tod beginnt. Da sich diese Erlebnisse auffallend gleichen, spricht Gebühr ihnen archetypische Züge zu. Im Rückblick auf historische Zeiten, in denen es ebenfalls diese Erlebnisse gegeben haben muß, glaubt er, daß durch sie die frühen Jenseitsvorstellungen ausgeformt oder zumindest stark beeinflußt wurden. Ist also z.B. die Beigabensitte auf solche Berichte zurückzuführen? Viele Beigaben dienen der Mobilität - wußten die Lebenden von den jenseitigen Landschaften und der "Reise"? Gebühr fragt:
"Könnte es nicht sein, daß irgendwann ein nordeuropäischer Krieger der Eisenzeit benommen auf dem Schlachtfeld aufwachte und als erster den erstaunten Kameraden berichtete, er sei von ein paar bewaffneten weiblichen Engeln zu einer großen Festhalle gebracht worden, wo die verstorbene Verwandtschaft schon fröhlich feierte, während eine einäugige Lichtgestalt am Kopfende der Tafel ihm bedeutete, es sei noch zu früh, er solle noch einmal ins Leben zurückkehren?"
Aufenthaltsorte der Toten
Der "Standardunterwelt" Hel(-heim) kommt eine große Bedeutung zu, es kann davon ausgegangen werden, daß ein unterirdischer Aufenthalt der Toten eine gemeingermanische Vorstellung war. Zur "Göttin" (sie ist ja eigentlich keine Göttin, sondern Tochter des Loki - wie überhaupt die Personifikation der Totengöttin eine sehr späte Beigabe sein dürfte) Hel kommen die Menschen, die an Alter oder Krankheit gestorben sind. Hel gehört zu gotisch 'halja' (Hölle), altenglisch 'hell', althochdeutsch 'hella' (von 'hellan' - hehlen, verbergen). Nach Simek ist Hel ein sehr altes Konzept, das sich auf die Sippengräber der Megalithkultur zurückführen läßt. Ursprünglich muß man sich Hel wohl als "Aufenthaltsort" der (aller) Toten vorstellen - mehr nicht. Die späte Ausgestaltung - vor allem von Snorri - zeigt viele christliche Züge:
"Deutlich als christl. Hölle ist H. in Snorris phantasievoller
Beschreibung Gylf 33 aufgefaßt, wo er den Wohnort der Göttin H. in Niflheim = (hier)
H., Niflhel beschreibt."
R. Simek
Dann gibt es auch weitere Ruhestätten, die in den Eddas genannt werden und eine
mythische Ausgestaltung von Jenseitsvorstellungen sind:
Ran, die Frau von Ägir, dem Meeresriesen,
nimmt alle Ertrunkenen zu sich an ihren Ort unter den Wellen.
Valhalla / Walhalla, die "Halle der Gefallenen" ist der Ort, an den die gefallenen Krieger
kommen, die Odin zu sich nimmt, um sie einst
in die letzte Schlacht von Ragnarök zu führen. Walhalla war vermutlich ursprünglich
nur die Bezeichnung für das Schlachtfeld, auf dem die Toten lagen. Erst später
wurde daraus - auch unter Einfluß christlicher Vorstellungen von einem Paradies (?) - das
Walhalla der "Saufenden und Raufenden". :-)
Freya hat ebenfalls
einen Ort für Verstorbene, der Folkwang heißt, ebenfalls ein Ort
für gefallene Krieger. Auf der anderen Seite sollen auch gestorbene junge Frauen zu
Freya kommen, während Frigga die Frauen zu sich nimmt, die z.B. unter der
Geburt sterben. Man kann auch glauben, daß jede Gottheit diejenigen Menschen zu
sich nimmt, die sie als besondere unter den vielen Göttern verehrt haben.
Aus dem Hárbarzljóð lesen wir heraus, daß die Knechte zu Thor kommen sollen,
während Odin die "Wohlgeborenen" erhalte.
Es gibt auch einen dunklen Ort für Mörder und andere Gesetzesbrecher, der
Naströnd, "Leichenküste", heißt. Als weiterer
dunkler Ort wird auch Niflhel gesehen, der oft mit Niflheim, der Eiswelt im
Norden, gleichgesetzt wird.
Man kann sich aber durchaus vorstellen, daß der einfache Bauer nicht
unbedingt die uns in den Eddas erhaltenen Vorstellungen kannte. So gibt es durchaus
auch "einfachere" (= ältere?) Vorstellungen von dem, was nach dem Tod kommt.
Da wäre z.B. die Vorstellung, daß der Tote am Ort
seines Begräbnisses in einer Art transzendenter Form
"weiterlebte", also z.B. im Grabhügel.
Das könnte neben Hel die älteste Vorstellung sein,
worauf auch die Grabbeigabensitte seit den Steinzeiten hinweist.
Aus diesem Hügel konnte der Tote auch zurückkommen als
"lebender Leichnam" (ohne Seele), der dann
als draugr (Wiedergänger) bezeichnet und gefürchtet wurde.
Andere (wohl eher berühmte) Tote wurden als in Bergen lebend gedacht, wie z.B. heute
noch die Sage von Karl dem "Großen", der im Untersberg "schlafen" soll (und wie es bei Mythen so
ist, teilt er sich den Berg auch mit Barbarossa).
Tote konnten auch an zwei Orten gleichzeitig sein, so kommt Helgi (Zweites Lied von
Helgi dem Hundingstöter) zu Odin
nach Walhall, ist aber gleichzeitig in seinem Grabhügel anwesend.
Vielleicht glaubte man früher auch, daß einige Tote im Umkreis ihrer
Familien als spirituelle Beschützer verblieben (s. Disen- und
Albenglaube)
Wer kommt also wohin und warum gibt es so viele Totenreiche?
Aus den Eddas geht ja zunächst mal nur
hervor, daß es offenbar mehrere Aufenthaltsorte für Tote gab,
die nebeneinander Bestand hatten. Vielleicht hat das damit zu tun, daß
die Menschen sehr früh erkannten, daß nicht jeder den gleichen
Tod stirbt und damit am gleichen Aufenthaltsort sein kann. Man stelle sich vor,
daß eine Familie erfährt, ihr Sohn hätte auf dem weiten Ozean
Schiffbruch erlitten und sei ertrunken. Muß es nicht für die Familie
schwer vorstellbar gewesen sein, daß dieser Sohn 'mit ihnen' ist - oder gar
magisch kontaktierbar. Von daher könnte
sich die Vorstellung von Rans Totenreich unter den Wellen aufgekommen
sein.
Daß es eine Vorstellung wie Walhalla gibt, könnte man auch auf der
Basis eines gewissen Elitebewußtseins der Krieger erklären. Die
wollten - gerade als Minderheit professioneller Krieger - vielleicht nicht mit dem
Bauer ins gleiche Totenreich. Man sollte aber auch in Betracht ziehen, daß
der in der Edda stark hervortretende Gegensatz Hel - Wallhalla vielleicht
nur von Snorri dem christlichen Modell von Hölle und Paradies
nachgebildet wurde.
Vielleicht haben die vielen Totenreiche auch damit zu tun, daß die Menschen im
Tod zu der Gottheit finden wollten, die sie im Leben am meisten verehrten. So gesehen eher
ein jüngeres Konzept, vielleicht auch aus der Untergangszeit des alten Heidentums.
Nun ja, Wert legen würde ich auf das, was meiner Persönlichkeit
entspricht. Nicht jeder kann Krieger sein, nicht jeder will Bauer sein -
heute hat das noch einmal eine ganz andere Dimension angenommen.
Wer kann heute schon von Walhall träumen? Soldaten? Oder - ganz
in Flauschehäschentradition - alle, die ihr Leben 'spirituell kämpferisch' lebten?
Das hat natürlich noch einen Gemeinschaftsaspekt, so könnte man sagen.
Nur wenn viele Krieger im Saal der Gefallenen sitzen, haben
Götter und Menschen in den
Ragnarök eine Chance. Ich glaube aber nicht
daran, weil ich diesen Kreislauf von Werden und Vergehen als wichtig und
unaufhaltbar empfinde. Egal wieviele Krieger in Walhall sitzen - sie
werden mit den Göttern und Menschen untergehen und 'aufsteigen seh
ich zum zweiten Male aus Fluten die Erde' (nach Häny).
Von daher sehe ich die Totenreiche als
Projektionen von Jenseitswünschen unterschiedlicher Menschengruppen.
Ähnlich schreibt Hasenfratz:
"Bei den Nordgermanen ... waren vor allem Todesart, Geschlecht und sozialer
Status für die nachtodliche Befindlichkeit maßgebend.".
"Dort sehe ich meinen Vater,
dort sehe ich meine Mutter,
meine Brüder und Schwestern,
dort sehe ich meine Ahnen von Beginn an.
Sie rufen nach mir,
sie bitten mich meinen Platz einzunehmen
unter ihnen in den Hallen von Walhalla,
wo die Tapferen ewig leben."
Der 13. Krieger
Weiterleben - nicht Wiedergeburt
"Der Tod bedeutete auch bei den Germanen nicht das absolute Ende, sondern
nur Übergang zu einer anderen Daseinsform. ...
Der Tote lebt, wohnt im Grab in voller Körperlichkeit; er steht in konkreter
Verbindung mit der Welt der Lebenden: er sagt die Zukunft voraus, verteidigt seinen Hügel gegen
Grabräuber und terrorisiert seine Umwelt als Wiedergänger (draugr); durch Magie kann er
zu Weissagungen für die Lebenden gezwungen werden."
R. Simek
Helheim, die anderen mythischen Nachwelten, der Grabhügel usw., sind Zeugnisse dafür, daß Tote in veränderter Form weiterexistieren. Simek geht speziell auf die Frage ein, welche Rolle Körperlichkeit und Seele dabei spielen. Er kommt zum Schluß, daß es keine Aufteilung nach Körper und Seele nach dem Tod gab. Seelenvorstellungen galten nur für Lebende, so auch Maier, der annimmt, daß die "Vorstellung einer vom Körper ablösbaren, ihn aber nicht überdauernden Seele" bei den Germanen bekannt war. Stirbt also ein Mensch, dann wird er sozusagen seiner seelischen Individualität "beraubt" und bleibt als Leichnam in seiner Körperlichkeit zurück. Die fylgja z.B. geht vermutlich auf eine andere Person über. Vom Leichnam glaubte man, daß er an einem nachtodlichen Aufenthaltsort weiterexistierte.
Hier ist ein Widerspruch zu klären: Auf der einen Seite vergeht die Seele eines Menschen mit dessen Tod.
Der Leichnam bleibt zurück, vielleicht auch eine seelenähnliche Vorstellung von der Persönlichkeit
des Menschen (s. "minni"), auch der Nachruhm, die gute
Rede über und die Erinnerung an den Toten - er bleibt als Individuum im Gedächtnis der Lebenden, er bleibt Teil seiner
Sippe.
Wenn aber die Individualität nach dem Tod durch die vergangene Seele reduziert ist, wie kann man sich dann
die "tote Persönlichkeit" auch vor dem Hintergrund vorstellen, daß man glaubte, Tote
magisch kontaktieren zu können?
Diesen Widerspruch kann man nur auflösen, wenn man sich vorstellt, daß das, was wir als "Seele" kennen,
sehr beeinflußt ist vom christlichen Glauben an eine unsterbliche Seele. Vielleicht hilft es, wenn man sich die
germanische Seele als ein Bündel von nicht-körperlichen Eigenschaften einer lebenden Person vorstellt - und
den Begriff der Seele vermeidet. All die Konzepte der Seite über die Seelenvorstellungen
beschreiben etwas anderes als die "unsterbliche" Seele eines Christenmenschen.
Was nach dem Tod bleibt, ist Erinnerung ("minni") und ein toter Körper. Beides vergeht mit der Zeit, aber
in der Minni-Vorstellung ist die verstorbene Person konserviert, sowohl im persönlichen Sinne (als die Erinnerungen, die
eine Person ausmachen), wie auch im unpersönlichen Sinne (die Erinnerung der anderen an den Toten).
Die "Persönlichkeit", die nach dem Tode magisch kontaktiert werden kann oder in Träumen erscheint,
ist nicht vergleichbar mit der Persönlichkeit eines Lebenden, und doch ist in ihr die vortodliche Person konserviert.
Festzuhalten bleibt also:
Die Seelenvorstellungen gelten nur für Lebende.
Tote existieren auf einer anderen Sphäre / in einer anderen Welt weiter in ihrer Körperlichkeit mit gewissen
Reminiszenzen ihres vorherigen Lebens, aber sie werden nicht "wiedergeboren" in dem Sinne, daß sie
in ihrer Individualität wieder auf Midgard erscheinen. Dies scheint eine alte, germanische Vorstellung zu
sein, so auch Maier.
Anders aber zwei Textbeispiele, in denen Wiedergeburt erwähnt / geschildert wird. Da ist zum
einen das zweite Lied von Helgi dem Hundingstöter. Ganz zum Schluß heißt es (nach
Jordan):
"Trauer und Sehnsucht machten dem Leben Sigruns bald ein Ende. In der Vorzeit bestand
der Glaube, daß Menschen wiedergeboren würden; doch nennt man das jetzt Altweiberwahn.
Von Helgi und Sigrun ging die Sage, daß sie wiedergeboren seien, er als Helgi der
Haddingenfürst, sie als Kara, Halfdans Tochter, die auch Walküre gewesen,
wie das im Karaliede erzählt wird."
In der Eyrbygja Saga 63 ist von Thorolf Twist-Foots Geist die Rede, der Höfe heimsucht und
Mensch und Tier abschlachtet. Tapfere Männer öffnen sein Grab und finden ihn dort,
schwarz angelaufen und aufgeschwollen zur Größe eines Ochsen. Sie verbrennen ihn und
verstreuen seine Asche. Ein Kuh leckt diese Asche auf und bringt zur Wintersonnenwende zwei Kälber
zur Welt, wovon eines zum riesigen Bullen Glaesir heranwächst. Es wird deutlich, daß
Thorolf in Glaesir wiedergeboren wurde.
Immerhin wird in diesen Beispielen deutlich, daß nicht die reelle, vortodliche
Personen als Individuum wiedergeboren wird, sondern offenbar nur eine Art
Konzept dieser Person. Die Person, vor ihrem Tod, ist einmalig und nach dem Tod in
dieser Form unwiederbringlich verloren (für die Menschenwelt).
In "ideeller" Form lebt der Toten durch seine Taten weiter, durch Ehre und Ruhm, die er angesammelt hat, auch im Heil der Sippe, das er mitgetragen und (hoffentlich) gemehrt hat:
Das Vieh stirbt, die Freunde sterben, Endlich stirbt man selbst; Doch nimmer mag ihm der Nachruhm sterben, Welcher sich guten gewann. |
Das Vieh stirbt, die Freunde sterben, Endlich stirbt man selbst; Doch eines weiß ich, daß immer bleibt: Das Urteil über den Toten. |
Simrock, Havamal 76 |
So schrieb in ähnlichem Sinne auch
Natürlich lebt der Tote auch in seinen Kindern und Enkeln weiter. Man hat deswegen auch Neugeborene nach
kürzlich verstorbenen Ahnen benannt - auch weil man evtl. glaubte, der Schutzgeist des Verstorbenen, die fylgja, könne
auf das Neugeborene übergehen. Dazu hat Fritz Steinbock
schöne Worte gefunden (Ringhorn 36, VfGH):
"Sie (Ahnen u. Enkel; V. Wagner) sind auf transpersonale Art eins: verschiedene, einzigartige Individuen, aber ein Leben, verbunden nicht nur durch Vererbung, die auf metaphysischer Ebene Ausdruck der höheren Einheit des Lebens ist, sondern auch durch das Heil der Sippe und durch ihr Schicksal, das etwas anderes ist als das kindische Verrechnungssystem, das die Esoteriker Karma nennen."
"Im germanischen Alltag, der durch harte Arbeit, Kampf und Krieg sowie relativ
kurze Lebenserwartung bestimmt ist, spielen mythisch überhöhte Absicherungen
eine große Rolle. Wenn das Leben als fast unveränderlicher Prozess von
aufeinander folgenden Generationen verstanden wird, gewinnt der Umgang mit den toten
Ahnen an Gewicht. Der Erlebnishorizont bleibt über Generationen gleich; der
Einzelne fühlt sich eingebunden in Vergangenheit und Zukunft analoger
Schicksale. ...
Allerdings spricht man dann im positiven Sinn allzu schnell von Ahnenverehrung. Nichts
hindert uns heute daran, darin auch eine erhebliche Angst von den Toten zu sehen,
und zwar ganz konkret, dass diese bitte schön in ihrem Grab bleiben sollen. Sie
sind als Wiedergänger, als umherirrende Geister durchaus unerwünscht."
Holzapfel
Seiteninfo: 1.Autor: Stilkam | 2.Autor: ING | Weitere Autoren: - | Stand: 20.03.2020 | Urheberrecht beachten!